Von El Kefs Kashba aus, liegen die hoechsten Berge eines duenn besiedelten Mittelgebirges Richtung Westen, in Algerien. Zieht der Weg, wie der nach dem an der Kueste liegenden Tabarka, mehren sich Militaerstuetzpunkte und Patrouillen. Am sehr guten Verhaeltnis beider Laender, wie mehrfach von den Menschen bestaetigt, liegt die Anwesenheit nicht. Politisch mischt man sich gegenseitig nicht ein aber im Westsahara-Konflikt steht Tunesien offensichtlich hinter der algerischen Position. Bleibt als Grund, dass vor allem Richtung Sahel, angewachsene Probleme von Gruppen des radikalen Islamismus. Nach den letzten Anschlaegen von 2016 herrscht im Maghreb, diesbezueglich, Ruhe. Und so soll es, unter hartem militaerischem Durchgreifen, auch bleiben. Moegen die gesehenen, auch in Kleinstaedten eingerichteten Treffpunkte der Kinder und Jugendlichen, mit Angeboten fuer Kultur und Sport, ihren Teil dazu beitragen und erhalten bleiben. Die Situation in Libyen bereitet Tunesien als auch Algerien mit Blick auf die von dort ausgehende Instabilitaet grosse Sorge. Beide Laender lehnen jegliche militaerische Intervention ab und setzen sich fuer eine politische Loesung, einen Dialog aller libyschen Parteien ein.
Mit der grossangelegten Militaeroffensive Barkhane , dem “ franzoesischen Eckpfeiler der Terrorbekaempfung in der Sahelzone“, kam es ab 2014 zu Operationen in den ehemaligen franzoesische Kolonien Burkina Faso, Tschad, Mali, Mauretanien und Niger. Diese Militaeroperatin war in den beteiligten Staaten umstritten, kostete 700 Millionen Euro im Jahr und verbesserte die Sicherheitslage nicht. Im Jahre 2020 hatte sich die Zahl der Anschlaege im Sahel verfuenffacht. Besonders Burkina Faso war 2019 mit mehr als 4000 getoeteten Menschen Leidtragender dieses Konfliktes. Auch die an den Sahel angrenzenden Wuestengebiete Algeriens gelten als ueberregionale Transitroute und Rueckzugsgebiet des Dschihadismus. Eine Ausweitung der franzoesischen Militaeroperation galt, im Hinblick auf ein schweres koloniales Erbe, als ausgeschlossen.
Ein Satz sei nie vergessen : KOLONIALISMUS DURCHDRINGT ALLES .
Die Bilanz dieses globalen Eroberungsprojektes ist verheerend : Genozid, Menschenraub und wirtschaftliche Auspluenderung in nie dagewesener Dimension. Und das erbe des Kolonialismus wirkt weiter : in den Koepfen der Menschen, in den Strukturen der neuen Staaten in Abhaengigkeiten, die nun viel subtiler sind aber oft nicht minder praegend.
Anders als die meisten anderen Kolonien Frankreichs war Algerien stark von seinen Fremdherrschern besiedelt. Die Unabhaengigkeit Algeriens war von einem grausamen, von beiden Seiten gefuehrten Krieg ueberschattet. Um die Unabhaengigkeit zu forcieren, griff die algerische marxistisch-nationalistische FLN ab 1954, neben der politischen Arbeit, zu Mitteln des Terrorismus. Das franzoesische Militaer behielt die Oberhand aber Kriegsverluste und Menschenrechtsverletzungen machten die Auseinandersetzung sehr umstritten. Unter der Regierung von Charles de Gaulle, wurde mit den algerischen Anfuehrern verhandelt. In Folge dessen und einer sich abzeichnenden Zeit der Unabhaengigkeit, gruendete sich 1960 die OAS. Diese “ Geheime bewaffnete Organisation“ war eine franzoesische Untergrundbewegung, die einerseits nationalistische Algerier bekaempfte, anderseits den franzoesische Staat, der die Unterdrueckung der Unabhaengigkeit nicht mehr aufrecht erhalten wollte. Nach einem sechs Tage dauernden Putschversuch in Algier, begann der Untergrundkampf mit Attentaten und Sprengstoffanschlaegen. Ziel war es, eine Eskalation des Konfliktes auf allen Seiten zu befeuern. Neben toedlichen Anschlaegen in Frankreich, waren die Hauptleidtragenden jedoch die muslimischen Algerier. Mehrere tausend Menschen fielen dem Terror des OAS zum Opfer.
Als im Maerz 1962 Algerien mit den Vertraegen von Evian seine Unabhaengigkeit erlangte, rebellierte die OAS in einem offenen Kampf gegen den franzoesische Staat und betrieb eine Politik der verbrannten Erde. Strassenkaempfe in Stadtteilen von Algier, Sprengung der dortigen Universitaetsbibliothek und mehrerer Bildungseinrichtungen in Oran. Erst nach der Verhaftung oder Toetung fuehrender Mitglieder der OAS beruhigte sich die Lage.
Bis in die heutigen Tage geht die politische Fieberkurve zwische Algerien und Frankreich immer wieder steil nach oben. Nach der letzten politischen Krise vom Oktober 2021 hat Praesident Macron deutlich gemacht, dass er beim Thema koloniales Erbe und Erinerung mehr Sensibilitaet zeigen will. Daneben verlaeuft ein Wandel in der algerischen Verwaltung, im diplomatischen Apparat und dem Militaer. Hier haben sich Eliten durchgesetzt, die ihre Ausbildung in Algerien und nicht in Frankreich durchlaufen haben. Paris kann nicht mehr auf seine natuerlichen Verbuendeten und Partner von einst setzen. Es bleibt abzuwarten, was die zwei Buehnen zeigen. Die offene mit Streitereien, Versoehnung und Aufarbeitung. Die geheime der diskreten Geschaefte von Militaer, Geheimdienst und Unternehmen.