Unter dem Lehm der Haeuser das Holz riechen , den Geruch der Gassen ins Haar legen, die Baerte und Gewaender streifen, vom Schmutz der Sonne kosten, das Mosaik der Moscheen trinken – ueber den brodelnden Garkuechen zur Nacht, ist der Kopf voller als der Bauch.
zwei
Beton bruellt in die Strassen, ringt mit der lodernden Reklame, ueber den Asphalt fliegt Mao“s Stern, sein Laecheln auf der Umlaufbahn des Gehorsam, die Fuesse im naechtlichen Neonschrei.
In Oezgen hoere ich von zweistelligen Minusgraden und Schnee in den Bergen, der Polizeiposten vor Jallalabad empfhielt ein Taxi fuer den Pass gen Narin.
Dünne Versorgungslage
So stehe ich in der Fruehe am Platz der Marschrutnoje taxi. Kein Fahrer laesst sich auf das Vorhaben ein. Grund, der Pass ist gesperrt. So rueckt der Torguart-Pass in weite Ferne, ganz zu schweigen von den zu erwartenden buerokratischen Huerden, dh. hier ueberhaupt nach China einreisen zu koennen.
In Osh zurueck, lerne ich auf der Strasse Baktijar kennen, einen Tierarzt aus Sari-Tash. Am Nachmittag geht es in einer grossen Fahrgemeinschaft zurueck zu Fuessen der Pamirschoenheit. Als sich der 4WD durch Schneegestoeber, ueber eine, nun raduntaugliche, Schlamm- und Geroellpiste quaelt, halte ich die Entscheidung fuer gut.
Karges Leben in großartiger Landschaft
Unter besseren Wetterzeichen geht es tags darauf, entlang verschneiter Gipfel, ueber den winterlichen Erkech-Tam Pass. Fast einen Tag benoetigt die Grenzprozedur, rolle unter der Abendsonne in den westlichen Zipfel des Reich der Mitte. Die Farbsymphonie der Bergwelt laesst alles vergessen. Unter den Fahnen der Nacht tanzen die Augen den letzten Reigen Schoenheit dieses, wie immer, einmaligen Tages.
Kühl zottelt der Morgen um das Zelt, die Gigfel noch in Daunengrau gehüllt.Mit dem Wind kommen die letzten Herden von den Sommerweiden.
Ein immer schöner werdender Tag wandert über den Zenit, lässt das Farbspiel von Bergen und Ebene in das Auge wachsen. Das Blau der Seen fängt sich ein Stück vom Wolkenspiel am Firmament. Die Abendsonne taucht Dorf und Landschaft in goldene Vergänglichkeit.
Das Abendlager, drei Steinwurf neben einer kleinen Jurtensiedlung, der Bach murmelt sein Lied, duftendes Heu liegt in kleinen Kreisen ….rasch legt sich die Nacht über die bucklige Uferwiese.
Karakul-See
Am Karakul-See
Schneetränen gespeistes Juwel, über das tausendfach durchrittene Ufer wandern die Seeleninseln im Kältezauber – für Augenblicke fällt ins Auge Himmel und See über die Hütten bald der Schnee.
Schon ab Murgabh begegnen uns die typischen, kirgisischen Hüte und begleiten uns über die letzten Pässe gen Kirgistan. Sary-Tash hält morgentlichen Schnee für uns bereit, nun in Osh geht ein Spätsommertag über die Stadt hinweg.
Braunen Spinnenbeinen gleich, ragt das Metall aus schwarz-brandigen Ruinen. Die Normalität ist in das bewegte Leben der Stadt zurückgekehrt, aber die Verkäuferin, der Galerist, die Kellnerin leben noch unter dem Eindruck der in diesem Jahr entfachten ethnischen Unruhen. Das Tuch des Alltags, über einer rasch hin weggefegten Ruhe, gespannt von militärischen Straßenposten um die Stadt.
Gastfreundschaft von Jung bis AltEin Plausch auf nachmittaglichem FeldSiesta auf dem Weg zum ersten 3000er PassHinter Khorog hinein in den Zentralpamir
Siebzig Kilometer hinter Tadschikistans Haupstadt Dushanbe, schickt der Schotterpistenauftakt des Pamir Highway in die Entschleunigung. Entlang eines mit sonnigen Kiesinsel geschmückten Flusses, lassen uns große Wasserlachen und unterspülte Wege die Radfuhre schieben und nur mühsam voran kommen. So erreichen wir Tage später als geplant, das autonome Gebiet Berg-Badachschan. Aber der späte Sommer ist uns hold und nirgendwo anders wollen wir sein.
Im ersten Dorf des Anstiegs zum 3200 Meter hohen Karim- Pass, huscht der Herbst durch ein paar Bäume. Und in der Hitze des Mittag ist es angenehm, ja notwendig, einen schattigen Platz auf Decken und Kissen zu suchen, bei Tee die Zeit vorbei ziehen zu lassen. Vor erreichen der Passhöhe schenkt uns der Himmel ein paar Wolken, bevor der Blick frei über die Bergwelt des Hindukusch fliegt. Zur Akklimatisierung nutzen wir, kurz hinter dem Pass, ein verlassenes Hirtenlager. Ein felsiges Rinnsal gibt Teewasser, eine Handvoll Feigen fruchtige Süße ins verlöschende Licht des erschöpften Tages.
Im Licht der über die Gipfel balancierenden Morgensonne kommt eine zottelige Herde Ziegen die Strasse herauf. Sack und Pack, der jungen Hirten, auf einem halben Dutzend Esel verteilt, liegt eine schimmernde Staubwolke über der nächsten Kurve, wo die Bewegung aus dem Blick gelöscht.
Die sich windende Abfahrt bringt uns ins Tal des Panj, dem Grenzfluss zu Afghanisten. Im Kala-i-Khumb holen wir Wasser und Kekse, entfliehen der Hitze in den Fahrwind gen Südost.
Unter jungen Ficusbäumen finden wir den ersehnten Schatten, sowie eine kleine Küche für Tee, Suppe und Brot. Über das Rauschen des Fluss legt sich ein afghanisches Dorf in den Aufschwung des Ufers. Rechteckige Lehmbauten, ein im Wind flatterndes Giebelzelt, ab und an huscht ein Mensch umher.
Die freundlichen Menschen, die unmittelbaren Bilder dieses Flecken Erde machen uns glücklich und dankbar, nun hier an der Pforte zum Zentralpamir.
Hat der Mensch einen inneren Kompass, sollte er ihn nicht vernachlässigen, ihm eher über einen Zeitraum nachspüren, Vertrauen zu neuen Wegen finden. So ist für mich der Aufbruch zu einer Reise in unbekannte Länder, einer der freudigsten Augenblicke im Leben.
Die Fesseln der Gewohnheit abschütteln, das bleierne Gewicht der Routine, die Sorgen, die sich wie ein Mantel um einen gelegt haben.
Ist man diesen Weg gegangen, findet man an der nächsten Kreuzung auch die weitere Richtung, um Dinge zu erfahren, zu lernen, das Innere und Äußere auszuloten.
Nicht das Denken verleiht dem Leben Sinn, sondern umgekehrt: das Leben liefert die Denkanstöße.
Ein Blick, ein Gedanke, ein Bild, können die innere Gewichtung verschieben, wodurch später, vielleicht erst viel später, etwas geschieht oder klar wird, was dein Leben für immer prägt.