Neujahr im Fruehling

In Shiraz erleben wir unsere zweiten Neujahrsferien in diesem Jahr – die islamische Welt feiert ihr Neuruz erst zur Fruehjahrssonnenwende. Wir erleben also die echte Feiertagsstimmung der Iraner – und natuerlich haben auch alle Behoerden geschlossen – schlecht fuer unsere Visaverlaengerung.

Shiraz ist zum Geniessen fuer Auge, Ohr und Geruch – wir bleiben ein paar Tage und starten gen Osten. Yazd ist das naechste Ziel.

Perspolis – die alten Ausgrabungen der persischen Hochkultur liegen am Weg, dahinter Wueste, vor Yazd herrliche Berge – wunderbare Menschen lernen wir im Flecken Keshr Abad kennen.

 

IMG_0307

 

Yazd am Rande der Wueste empfaengt uns schon sommerlich und mit 20 Tagen Visaverlaengerung – endlich !! Die Bauten der Wueste faszinieren, selbst die Moscheen sehen anders aus, Granataepfel geben dem Ganzen einen Geschmack.

 

IMG_0646

 

1000km weiter wartet noerdlich wartet Mashhad, die zweitgroesste und heiligste Stadt der Schiiten, hier ist der Schrein ihres Imam Reza. 1000km Wueste fahren wir im Nachtbus. Hier erleben wir die naechste und letzte Feiertagsserie der Iraner – Tag der islam. Revolution (1979), Ferienende, Maertyrertag – ihren Glauben praktizieren die Schiiten sehr ueberzeugend – aber das ist eher eine Minderheit – die Jugend ist eher „tyred by Iran“  …

Unsere Weiterreise Turkmenistan (Transitvisum) muessen wir noch organisieren – und weiter geht es nach Gorgan und zum Kaspischen Meer …

Heilig und profan

IMG_0049

 

Shiraz  [ eins ]

Frucht des Lichtes, zerborsten unter Kuppeln

Scherben gesammelter Traenen

gehoben auf Stirne murmelnder Steine

wo Haende das Tuch der Andacht

in silberne Fluesse flechten.

 

IMG_0021

 

Shiraz [ zwei ]

Atem und Perlen

naechtliche Laken,  Fayencen des Morgens

suess, zerbissener Tee

Gitter unter Schloessern

waegen Muehsal ins Dasein

Licht und Sure hebt in Gewoelbe

Staub unter Chadors Saum.

IMG_0767

 

IMG_0607

Esfahan – Blaue Kuppeln und Bruecken ohne Fluss

Unter gluehender Daemmerung betreten wir die Stadt, wo lichtgetauchte Strassen zu verheissungsvoll schimmernden Kuppeln fuehren, welche ueber den dunklen Mauern zu schweben scheinen. Jahrhunderte von Eroberung und Bluete aechtzen im Gebaelk, summen in den Arkaden maechtiger Moscheen.

 

IMG_0380

 

Aus dem nahen Zagrosgebirge kommt der Zayandeh-Rud, Irans groesster Fluss, und schneidet die Stadt von West nach Ost. Sonst in voller Fruehjahrsbreite, spannt sich jetzt ein sandiges Bett zwischen die Ufer, stehen kunstvoll, vielbogige Bruecken ueber fahlem, aufgerissenem Gelb.

 

IMG_0459

 

Weiter suedlich liegt das Armenierviertel Jolfa, in dem ein Dutzend typischer Kirchen mit schlichten Lehmsteinkuppeln harmonisch das Stadtbild gestalten. Kleine Gassen und fremdgepraegte Cafekultur, zeichnen ein angenehmes Geschehen.

 

IMG_0379

 

Dringt man tief ins verzweigte Basarviertel vor, waechst die Vielfalt der Frauen im Hijab, ist der Andrang Vorbote des Festes zum Neuen Jahr. Eine Teestube, mit schwerem Duft der Wasserpfeifen, ruft zum verweilen. Suesser Tee verwoehnt die Kehle, Sinne ruhen auf dem Diwan berauschter Gelassenheit.

 

IMG_0305

 

Nach einem Mittagsgrau hebt der blaue Himmel nahe Berge ueber die Daecher, legt die Abendsonne Honig ueber die warmen Lehmkuppeln der Freitagsmoschee. Unmoeglich, alle Pracht und Exotik, Baukunst und Farbigkeit zu fassen. Schwer atmen die Mauern Staub und Hitze der alten Oasenstadt, liegt tausendfaches Gebet als durchscheinende Patina im Gewoelbe des Himmels.

Durch Sturzbaeche und tiefe, milchkaffebraune Pfuetzen verlassen wir, nach einer nicht enden wollenden Regennacht, die Stadt auf dem Fahrrad, gen Zagrosgebirge und Shiraz.

 

IMG_0525

Rad und Berge rufen

Ab Esfahan geht es mit Fahrrad weiter – ueber die Nomadenprovinzen nach Shiraz durch das wundervolle Zagrosgebirge. Die 3000m – Paesse fordern uns, die Iraner sehen uns interessiert und manchmal mitfuehlend nach. Mancher deckt fuer uns am Strassenrand den Tisch mit Tee, Keksen und Datteln. Wir erleben nochmal richtig Winter, gehen in Si Sakht auf Gebirgstour und sind ueber das islamische Neujahrsfest Newroz privat von einer Familie von der Strasse geholt worden. Wir freuen uns auf den Fruehling in Shiraz.

 

IMG_0651

 

IMG_0749

Tehraner Basar, spaeter

IMG_0152

Aus dem Samt der Nacht  /  kriechen lichtgehauchte Fackeln  /  einer verloeschenden Schrift  /  nisten im Gestirn staubschwarzer Daecher  /  wo Traeume einer mueden Karawane  /  den Tag unter sich begraben

IMG_0174

IMG_0165

 

 

 

 

Im Herzen Persiens

Die Geschichten der Scheherazade und die Maerchen aus 1001er Nacht empfangen uns in Eshfahan – allerdings nicht sofort … zuerst gilt es mit dem Rad in das Zentrum zu gelangen, aber wir haben inzwischen Methode. Die Aura der riesigen Moscheen und der unentwirrbare Basar lassen hier die Zeit vergehen. Die Viertel der armenischen Christen lassen das friedliche Nebeneinander der Religionen Realitaet sein, auch im Iran. Die Menschen hier sind sehr kontaktfreudig und hilfsbereit, ich finde keine Unterschiede zu uns … allerdings sprechen nicht so viele englisch wie angenommen, wir werden also Farsi lernen (wenigstens sprechen).

IMG_0399 IMG_0418

morgen rufen die Raeder und der Weg ueber die Berge nach Shiraz …

 

 

 

 

Mondbluete und Sternenstaub

Tehran, zu Fuessen  des Alborz-Gebirges, ist uns Tor zu Persien. Frueh leuchten noch verschneite Gipfel, welche im Lauf des Tages vom Smog einer lauten Stadt geschluckt werden. Im blassblau des Himmels schwimmen Wolkenschleier, wie aufgestiegene Schriftzeichen, dieses noch fremden Landes.

Im nahen Viertel erwacht das Leben, wechseln grosse Geldscheine mit langen, flachen Broten durch schmalen Tuerspalt, spielen kleine schwarze Katzen in der Flut von Licht und Waerme, warten Maenner neben Thermoskannen voll Tee und kleinen Bechern, am Rand sich rasch belebender Strassen. Ueber dem anschwellenden Verkehr, dem Strom der Menschen,  atmet der Morgen ein letztes Mal tief ein und aus.

 

IMG_0082

 

Die Zeit verinnt beim Entdecken dieser riesigen Stadt voller Autos und Mofas, dem Smog der Millionenstaedte, den endlosen und wuseligen Basaren – wahrlich kein Ort fuer den Strandtouristen.

Lektion 1 – ankommen (Pass und Zoll) haben wir mit Bravour bewaeltigt, sogar die Fahrraeder kamen unbeschaedigt mit.

Lektion 2 – Fahrt in die Innenstadt – geht mit dem Rad gar nicht – also Taxi

Lektion 3 – Hostel mit Fahrradabstelle – kein Problem, Preis pro Nacht 8Euro

Wir bleiben ein paar Tage – die Metro (Stromschiene 750VDC) und die Eisenbahn (1 S-Bahn Strecke Oberleitung !)wollen noch besucht sein und die Berge des nahen Alborz rufen morgen.

Dann ruft Isfahan …

IMG_0085

 

 

STILLE – WEITE – AUFBRUCH

IMG_0053

 

Die Reisetagebücher.

Ich stecke sie in den Kasten

zu den Landkarten.

Da gehören sie wohl rein.

                         Irgendwo zwischen Pakistan und Schottland,

Weststrand und Riesengebirge,

bis ich mal wieder aufräume.

                                              Vorerst habe ich Neues im Kopf, den Händen….

 

IMG_0027

Was suchst du in dieser Wüste, schreibt Ingeborg Bachmann in „Das Buch Franza“, was suchst du in dieser Welt, frage ich.  Vielleicht weniger Antwort, als viel mehr das Gefühl der Begegnung mit Gesichtern, Gerüchen, Stimmen – der eigenen Person und dem Anderen, Fremden – den Wunsch zu stillen, das Herz in neue Formen zu gießen.   Und zwischen den Inseln aus Dankbarkeit unterwegs sein, heißt, die Schritte ins Bewustsein heben, Himmelsgaben gleich den Fasern eines Tuches zu spüren, dem Wind eine Schaukel sein, die Horizonte aus den Ebenen des Glücks zu heben und manchmal wildern die Gedanken als Entwürfe meilenweit voraus : wandelbar, flüchtig, vergänglich.

                                                Bewegung ist der Herzschlag der Karawane.

Dresden- Pillnitz, Mitte Februar 2014

IMG_0014

 

UNTERWEGS IN ANATOLIEN-zwischen Atem des Orient und Kappadokischen Welten

Warum reisen wir?   Auch dies,damit wir Menschen begegnen,die nicht meinen,daß sie uns kennen ein für alle Mal.Damit wir nocheinmal erfahren,was uns in diesem Leben möglich sei.      Max Frisch

Rufe vom Minarett sind allgegenwärtig in diesem Land Türkei. Doch sie gelten nicht mir. Nur meine Sinne weilen in  Muse und Stille der Moscheen, der Hingabe im täglichen gelebten Glauben, in arabischen Schriftzügen, verflochten in aufsteigenden Mustern blauer und goldenen Blätter. Ich bin ein Pilger ohne den Islam, ohne eigenen Glauben. Ich bin ein Pilger, der die Rufe vom Minarett auf sich wirken lässt.

 

IMG_0016

 

Nach einer ersten Nacht unter safrangelbem Mond, auf staubig knochenbleichen Hügeln über der Stadt Van, treffe ich auf ein Projekt für Teppichknüpferinnen. Mehrere hundert Frauen arbeiten vor Ort oder in ihren Dörfern für ein sicheres Einkommen und soziale Sicherheit. Daneben ist es ein Weg zur Emanzipation, im ärmsten und meist von Männern dominierten Teil der Türkei.

IMG_0017

 

Der Van-See,der größte seiner Art in der Türkei, zu türkisch Van Gölü, liegt auf gut 1700 Meter Höhe und speisst sich aus umliegenden Bergen an der 4000der Marke. Ohne Abfluss, regelt er seinen Wasserhaushalt über Verdunstung und liegt deshalb im stark alkalischen Bereich. Soda und Salze werden zur Waschmittelherstellung genutzt. Aber Überfischung und Abwässer bringen ihn zunehmend an den Rand des Kollaps.

 

IMG_0029

 

IMG_0058

 

Unverbauter Blick auf die Insel Akdamar, wo ein armenisches Kloster immer wieder zu Streit zwischen armenischen Gläubigen und dem Staat Türkei führt.

 

IMG_0039

 

                                          Die Herbstschur ist der Auftakt zur Arbeit mit Schaf- und Ziegenwolle

 

IMG_0061

 

IMG_0066

 

Weg vom breiten Band der Straße, wechseln weitläufige Nomadenplätze und Kleine Dörfer. Hier Lehmbauten, dazwischen Wallnussbäume, kleine Maisfelder, Kühe und Ziegen, geschichtete Brennholzzweige, Wäsche und Teppiche auf der Leine.

IMG_0084

 

Wo die Berge steiler, das Land wilder und der Weg zu Schotter und Sand wird, zieht sich das Leben in geduckte Oasen zurück. Zwischen einem Tee mit dem Iman und Stillleben am Straßenrand, begegnet mir freundliches Interesse und große Gastfreundschaft aus kargen Gärten.

IMG_0103

 

IMG_0129

 

IMG_0119

 

Unter sonnig bleichem Abendhimmel öffnet sich mir das Haus einer kurdischen Familie. Und der Luxus familiärer Sesshaftigkeit: heiße Banja, Waschmaschine, Teller voll üppigem Essen in froher Runde.

IMG_0143

 

Nach dem Sternenlager auf der Terasse sind einige schon früh unterwegs zu Schule und Arbeit. Uns schenkt der Morgen Zeit für Ruhe, Gemeinschaft und Abschied.

 

IMG_0146

 

IMG_0245

 

HASANKEYF, die zur „Perle auf Zeit“ ernannte Stadt am Tigris. Durch den Bau des Ilisu-Staudamm sind über 30 Orte dem Untergang geweiht. Und damit große Vergangenheit sowie vertrauter Lebensraum vieler Familien.

 

IMG_0210

Höhlenwohnungen vergangener Generationen über dem Ort

 

IMG_0300

 

Über MARDIN thront die alte Burg, Minarette ragen aus dem Spiel der Gasse, kamelfarbene Häuser kleben am Hang und wie ein Phönix erhebt sich alles über die schier endlose, diesige Weite Mesopotaniens.

 

IMG_0294

 

Wo der Orient mit den Sinne spielt, der Klang des Tages friedlich in die Nacht wandert, liegt vor den Toren auch Bedrohliches, Unheilvolles. Kaum drei Dutzend Kilometer gen Süden, löscht ein nicht enden wollender Krieg Vergangenheit, Identität und Zukunft eines Volkes aus.

 

IMG_0367

 

Zum Freitagsgebet ruht das Leben, fließt Glauben und Gemeinschaft unter Kuppeln zusammen

 

IMG_0327

Im Teehaus macht es sich die Zeit gemütlich

IMG_0437

Leben auf dem Basar

IMG_0464

 

IMG_0382

Während der Unruhen im frühen 20.Jh wurden viele assyrische Christen vertrieben oder starben. Viele andere sind in den letzten Jahren ausgewandert. Heute nutzen nur noch ca. 600 Christen die elf Kirchen der Stadt.

 

IMG_0849

 

Die Stadt URFA ist Pilgerstätte, spirituelles Zentrum und eine Bühne der Völker Arabiens und Nahost.

 

IMG_0807

 

IMG_0742

 

Ein riesiger Basar greift mit prächtigen Gewölbebogen und offenen, hinreißenden Innenhöfen bis auf das 16. Jh. zurück. Und jeder Tag ist wie ein großer Reigen Leben.

 

IMG_0809

 

IMG_0589

                                                                                                     Mevlid – i  Halil Camii

 

Urfas Gärten

Zwitschernde Dächer/ genäht an Duft und Aug der erwachenden Basare/

gelegt um Kuppel und Turm der Worte wie Fahnen/

Webt leichte Tücher in den Glauben/ der einen Abend findet/

in den Wipfeln der Stille.

 

IMG_1060

 

Wo die Ebenen Zentralanatoliens ausklingen, erscheint eine faszinierend, eigenwillige Landschaft. Bizarre Felsformationen und fruchtbare, verschlungene Täler harmonieren mit byzantinischer Kirchen und Höhlenarchitektur. Tagelang kann man Stimmung und Wege dieses großen Gemäldes durchstreifen.

 

IMG_1222

 

IMG_1258

 

PAPPEL UND HONIG

Geblähte Ohren / schwarze Tropfen / fühlen am Puls der Fruchtbarkeit / wo Sand den Fels schleift / und Dünen ins Dasein wachsen / ist der Himmel ein Hafen / der Horizont eine Liebe / ruhelos und still / schrill und lauschend / im Flug / der lautlos, flirrenden / Zeit.

 

Salaam wa leikum und Dank für den Segen des glücklichen Unterwegsseins,dafür, die Zeit träufeln zu spüren…..

Pillnitz November 2013

 

 

 

 

Fluß der Nacht

IMG_0748

 

Insel und Abgrund

blühen und verschlingen

im Moment lautfern stolpernder Schatten

der atemlos nach uns greift

wenn Blitze des Vergessens die Synapsen blenden.

Ist heiß und heiliger Lauf der von den Bergen fällt

dem der Morgen, gelassen, eine Schale blassen Lichtes

an die Lippen legt.