In den Norden

 

Zaeher Morgennebel liegt in den Strassen von Odomxai, waehrend in der uebersichtlichen Busstation ein abgewetzter aber robuster Hyndai warmlaeuft. Das Reserverad im Mittelgang verschwindet unter Taschen und Saecken, darauf kleine blaue Stapelhocker, sollten die Sitzplaetze nicht reichen. Fast 230 Kilometer sind es in den Nordzipfel und in Laos hoechst gelegene Stadt. Heisst 7 bis 8 Stunden Fahrt bis Pong Sa Li, wenn alles gut geht. Der Strassenwurm schlaengelt sich durch die dichtesten Djungelgebiete SO-Asiens. Kaum 100 Meter gerader Strecke, in den broeckelnden Kurven kriecht Staub zwischen den broeckelnden Asphalt. Gelbe Plastiktueten werden verteilt aber wen es wirklich erwischt, benutzt das rasch zu oeffnende Fenster. Nach gut zwei Drittel Weg stehen wir am Beginn eines Stau und haben viel Zeit, zwei Bagger beim raeumen rotbrauner Erde und dem groben planieren zu schauen. So kommen wir dem Schauspiel gluehender Berge und ueber Lianen tastenden Scheinwerfern nahe.

 

 

Pong Sa Lis Altstadt liegt wie ein Herz in lockerer Bebauung, die mit gruenen Tentakeln, aus dem umliegendenUrwald, durchzogen ist. Am Rande Haeuser auf langen Pfaehlen, Horizont fuellende Bergketten bis ins chinesische Yunnan und den Norden von Vietnam. Strassen und Gassen spannen ein Netz bunten Lebens. Einem Leben, dass aus dem oeffenlichen Raum, ueber den Gehsteig ins ebenerdige von kleinen Laeden, Lokalen und den privaten Raeumen fliesst.

 

 

In Haeusern aus ungebranntem Lehm und hoelzernen Ladenfronten. Das ueberwiegend von animistischen Ho bewohnte Viertel entstnd in den 1960er Jahren aus dem Zustrom chinesischer Haendler. Die ueberwiegende Einwohnerschaft sind buddhistische Phounoy, welche in kleineren Haeusern in den verwinkelten, kopfsteingepflasterten Gassen, oberhalb des Ho-Viertel lebt.

 

 

Und Pong Sa Li wird gepraegt von seiner abgeschiedenen Lage, inmitten von zwei Dutzend Ethnien, die in Doerfern siedeln, tagelange Fusswege von der naehsten Stadt entfernt. Die in frueher Daemmerung sich formenden Maerkte aus Koerben, Buendeln, Planen, Toepfen und Eimern,  Schuesseln, Blechen und langen Tischen, sind ein Spiegel der Vielfalt von Natur und Mensch. Trachten neben Anorak und dickem Rock, Kopftuechern und Muetzen. Frauen mit Silberschmuck auf der Brust, von Ohren und kunstvollem Kopfputz fallend. Hochgedrehte Haare in mit Perlen besticktes,festes Tuch gewickelt. Das Bild einer faszinierenden Kopfgeburt. Drueber ein babylonisches Sprachgewirr.

 

 

Ueber zuengelnden Wokfeuern koechelt die Mutter aller laotischen Suppen. Fhoe in der Schuessel heisst, wuerzig ueberbruehte breite Reisnudeln mit ordentlich Fleisch, Gemuese und frischen Sprossen. Sonne im Zenit.

 

 

 

Als die Stufen zur grossen Stupa dunkeln, raschelt ab und an ein Blatt unter den Fuessen, tritt der Mond, wie der Fahne dieses Landes entsprungen, in stille Wipfel und formt, minutenlang staunend, meisterliche Scherenschnitte aus Elfenbeinschwaerze.

 

Fremde Leben

 

Am Ufer des von den Laoten Menan Khong genannten Mekongfluss begegnet das nun gewohnte Bild von Maerkten, Menschen, Haeusern und weitem Gruen. Und der Eindruck, das alles einfacher lebt. Improvisiert, staubiger, verblichen. Leben auf Verschleiss, Leben pur, manchmal bitter und verletzlich.

Im UNO Entwicklungsbericht zaehlt Laos zu den aermsten Laendern und blaettert, wenn auch nicht immer sichtbar, Schattenseiten ueber der Gesellschaft auf. Politisch an den Zuegeln der Laot. Revolut. Volkspartei, zeigen auch neue Kader keine Abkehr von einer Alleinherrschaft. Nach einer fehlgeschlagenen Kollektivierungswelle, folgte der Uebergang von einer Plan- zur Marktwirtschaft. Heute schreibt das Land eine positive wirtschaftliche Entwicklung, ist aber stark von auslaendischer Entwicklungshilfe abhaengig. Zwischen grossen und maechtigen Nachbarlaendern gelegen, liegen die Probleme nicht nur in schlechter Infrastrucktur, Bildung und Gesundheit, sondern auch in Abhaengigkeiten und dem  Ausverkauf von Resoursen.

 

 

Die mit dem Panasiatischen Highway 3 geschaffene kuerzeste Verbindung zw. Thailand und China wird unser Weg gen Norden. Meist in der Naehe kleiner Fluesse reihen sich Bambus und Holzhuetten zu beiden Seiten der Strasse. Am Rand der Doerfer liegen Reisterassen mit gut handlangen, zarten Pflanzen, die aus gestampften Kanaelen, mit Wasser gespeisst werden. Die letzte Ernte trocknet, neben feurigem Chilirot, auf Planen vor den Haeusern. Frauen sitzen auf kleinen Hockern, mit schmalen, langen, farbig auslaufenden Roecken. Manche mit gelegtem, bunte, Kopftuch. Kleine Saecke Holzkohle zum Verkauf, eng gestapeltes, meist duennes Feuerholz unter den Balken der Pfalbauten oder locker gelegte Pyramieden zum trocknen. Manchmal ein kleiner Laden mit Dingen des Alltags, etwas Suessem, etwas Luxus. Gespaltener Bambus, nun biegsam und in der Sonne bleichend oder mit scharfer Klinge geschnittene, duenne Streben zum flechten von Koerben und Matten. Geschirr und Waesche unter blau aufragenden Wasserrohren. Spaeter bunte Leinen, Zaeune, Daecher, aufgehaengte Toepfe, Besen um verloschene Feuerstellen.

 

 

 

Die Spanne zwischen den Doerfern waechst. Ab und an ein Truckkonvoi, auf der zunehmend bergig werdenden Strecke. In Namthoung versuchen wir unser Glueck auf einen Schlafplatz. Proben das behutsame Ankommen, das mit der rasch wachsenden Kinderschar, sich zum Mittelpunkt entwickelt. In einem der Laedem verstaendigen wir uns mit abgelesen Woertern und werden ins Areal der Schule geschickt. Neben einem blauweissen Flachbau, welcher als Kranken und Gesundheitsstation fuer eine Vielzahl von Doerfern dient, treffen wir eine kleine Gruppe Frauen und Maenner beim essen. Eine Krankenschwester spricht etwas Englisch und bietet die nahe Wiese fuer das Zelt an. Die Hocktoiletten sind gross genug, um den Staub des Tages, aus einem Wasserbecken, abzuwaschen. Um die Ecke eine Art Freiluftkueche mit russschwarzem, noch koechelndem Suppentopf. Frueh noch mild, wird sie ueber den Tag immer schaerfer und ueber einer Hand Nudeln serviert. Als sich die Schaerfe, waehrend einer Dorfrunde, langsam verfluechtigt, werden wir von einer Maennerrunde zu Reis, Gemuese und einer rotbraunen, natuerlich scharfen, Paste, an kleine geflochtene Tische geladen. Dazu Lao-Lao, einen selbst gebrannten Reisschnaps.

 

 

Kaufen noch vier Eier fuers Fruehstueck und wollen im Schein der Lampe das Zelt aufbauen. Da erscheint ein Mann und zeigt uns einen Raum mit Krankenbett fuer die Nacht. Legen ueber das fleckige Laken unsere Matten und knuepfen das Moskitonetz an den Infusionsstaender. Rasch breitet sich das Glueck ueber den Schlafsaecken aus…wir sind satt, haben ein Dach, Licht, Tisch, Stuhl, eine Toilette und freundliche Menschen in der Fremde.

 

 

Frueh klettern die ersten Kinder uebers Fenster ins Klassenzimmer und fluten die Raeume mit frischem Licht. Dahinter steigen letzte Nebel aus Wipfeln und Taelern, die sonnzerissen, wie fluechtiges Glueck, den Puls des Lebens tragen

 

Das einfache Leben

 

 

Harter Bambus

wirft lange Schatten,

seine Blaetter fliegend,

spitze Drachen.

 

 

Aus aufgefalteter Lotusbluete

tritt zartes Weiss,

Splitter eines

diamanten Morgens.

 

 

 

 

Der alte, gruene Bus

mit offenen Tueren und

einem Laecheln,

verschwindet im Reisfeld.

 

 

 

Ueber den Kochtoepfen

kreisen die Sinne

mit Loeffeln

wie silberne Krallen.

 

 

 

 

Die Regentrommel,

grau bespannt,

treibt der Wind

ans andere Ufer.

 

 

 

 

 

Es sind die ersten und gleichzeitig die vorerst letzten Kilometer auf dem Rad in Thailand. In Chiang Saen stossen wir auf den Mekong, der aus dem chinesischen Himalaya kommend, ueber das Goldene Dreieck fuehrend, nun mit der Farbe reich gesuesstem Thaikaffes, das Leben entlang der Ufer praegt. Bizar wuehlt sich die Sonne durch feuchte Schichten ueber bergigen Waeldern, waehrend vom laotischen Ufer die Lautsprecher einen Singsang aus Musik und Ansprache herueber schicken und Thai ihren Booten kleine Schalen mit Essen in den Bug stellen. Sacht schlagen die Wellen an die Ufertreppe,als ob auch der Fluss um ein versoehnliches miteinander bittet. Beladene Boote, mit Saecken von Hand zu Hand, zieht die Stroemung in ihre Bahn, bevor die Kraft lauter Motoren ihnen den Weg weist.

 

 

Richtung Chiang Khong, dem Grenzuebertritt zu Laos, streift die schmale Strasse Doerfer mit flachen Wohnhaeusern. Der Blick bis zu Waesche auf Buegeln, Toepfen des Mittag, Haengematten, trocknendem Gemuese auf Schnueren. An der Strasse zuengelnde, grosse Schlangeskulpturen, welche die kunstvollen Wat beschuetzen. Auf den Felden gebuecktes schneiden und kraftvolles dreschen. Wie wilde Pinsel eine grossen Meisters fliegen die Garben.

 

 

 

Neu gewuerfelt


 

Am Stadtrand von Uttaradit gabelt uns Frau Jutapohn Pizzazz auf. Bis vor kurzem Lehrerin, geniesst sie nun den Raum ihrer freien Zeit. Nicht lang und sie laedt uns ins unweit und wie sie schwaermt, schoen gelegene Laplae zum essen ein. Wir nehmen es als Zeichen, drehen im Luxus unserer Zeit die Raeder und verabreden uns zum fruehen Nachmittag unterm Gate to Laplae. Kaum tritt das Gruen von Feldern wieder an die Strasse heran, zeigt sich eine Art Schriftzeichen auf dem Asphalt. Doch nur wenige der ueberfahrenen Schlangen zeigt noch den Glanz ihres frueheren Lebens.

 

 

 

Laplae blaettert ruhige, schmale Strassen auf. Wetterdunkles Teak alter Haeuser, Ecken still verwunschen, Baeume wie grosse Geweihe ueber den Klongs, den zur Bewaesserung gezogenen Graeben. Hinter letzten Daechern fette Bueschel Reis, Kokoswedel, diesige, wie von der Sonne gegarte, Berge. Familien unter Verandalichtern, dort Netze flicken, Toepfe klappern, hier der Geruch, von in grossen Tongefaessen sauer Eingelegtem, der unter die Fluegel der Nacht steigt.

 

 

Fruehes Gold faechelt Waerme und Farben in den Kessel der zeitig erwachten Thai, waehrend der Mond, wie ein Nest naechtlicher Wesen, an rot leuchtenden Dachbalken klebt. Hier, wie in anderen Staedten und Doerfern, begegnet uns das Bild von prunkvollen Wat-Anlagen. Aus dem Wihan, einer Art Versammlungshalle, dringt der Sprechgesang rezitierter Sutta. Im Unterschied zum Bot, der mit acht Grenzsteinen markiert und als heilig gilt, steht er fuer Ordensmitglieder und Laien zur Verfuegung. Neben dem Buddhismus, der das gesellschaftliche Leben der Thai praegt, haben Riten und Braeuche aus Hinduismus und Animismus einen festen Platz im Leben der Menschen.

 

 

Im Daemmergrau bilden Karren und Moped einen Stern um das Marktviertel. Das Auge in Sekunden ein Ueberlaufen, ein Schwelgen zwischen roher Ware und der Kunst kulinarischer Finesse. Gefuellte Toepfe, Kessel, Pfannen, Bleche und Kannen gilt es zu entdecken. Was heute gut, findet morgen neuen Trumpf. Heisst, lobet die Vielfalt, die Dankbarkeit, die uns taeglich speist.

 

Ein Koenig geht und Buddhas gruene Schaerpe

 

 

Es ist der letzte Tag des Trauerjahres. In Bangkoks Wat Pho Sin nehmen die Menschen noch einmal Abschied von ihrem Koenig Bhumipol Rama IX. Mit Bildern einer seiner letzten religioesen Zeremonien verlassen sie die weiss gefassten, mit Rot und Goldfarben, praechtig erhobenen und verzierten Torboegen. Hinter abgestreiften Schuhen, immer neu gesteckte Weihrauchhalme, aufplatzender Lotus, vor der Brust gefaltete Haende, Stufen ins Reine, dem ewigen Kreislauf enstiegene, Sein.

Erlebt man die Thai, ist vielen eine innige Naehe zum Koenig und seiner Familie ins Herz gepflanzt. Ihre Gelassenheit schaut ueber Kritik hinweg, zumal auf Majestaetsbeleidigung und sei es die Beschmutzung eines Bildes, hohe Strafen lauern.

 

 

 

Kostbar wiegen die Toene des Gruen, in einer Symphonie fruchtbarer Ebene, gespeist von einer Zeit des Regen, der grau gestopften Himmel vergangener Wochen. Noch treiben Bangkoks grau-bitterer Dunst und schmutzige Gischt, das Leben zwischen glitschigem Ufer und schwindeliger Hoehe, das Licht bunter, eng gestellter Gassen, der im Viertel versteckte Ruf des Muezzin, die glitzernde Glaubenswelt sanft geoeffneter Buddhaaugen, Lotusblueten auf traeumenden Fluessen, der morgentliche Geruch von Raeucherwerk und Garkueche, durch das Nachklingen der Sinne.

Doch Schienentam-tam nimmt uns mit, Wind im Haar offener Fenster, die Fluegelweite von Scharen Stoerchen und Silberreiher. Wasserspiegel gestelzter Haeuser, geflutete Felder Milliarden Koerner Reis, Stupas stumpf-bruechigen Backsteins alter Thaikoenigreiche. Kuehl zuckt das Licht des Mondes uebers Verloeschen eines sich nur langsam abkuehlenden , raschen Abend.

 

 

Es ist das zwoelfte, naechtliche Rund im Jahre 2560 der buddhistischen Zeitrechnung, beginnend mit dem Tode Siddharthas. Daneben laeuft der thail. Sonnenkalender, der, an den gregorianischen Kalender gelehnt, einen Teil der schwer durch schaubaren Fuelle von Zeitrechnungen im asiatischen Raum darstellt.

In den duesteren, kleinen Strassen von Pitsanulok mischt sich das Blut eben geschlachteter , kapitaler Welse mit Wasser und schwappt, als Rinnsal endent, ueber den Bottichrand. Ein paar Ratten huschen und verschwinden unter grau gemusterten Gehsteigplatten. Klebriger Geruch liegt wie Sirup in der Luft. Im lichten Durchgang eines fast verlassenen Marktes warten kleine, gelegte Berge Maniok, Kochbananen, gruener Papaya, Zwiebellauch und Krautkoepfe. Beleuchtete Staende locken das Auge mit blumiger Pracht und saegenden Geraeuschen. Auf Scheiben des Bananenstrunkes entstehen kunst und variantenreiche Gestecke fuer das nahende Loy Krathon, genannte Lichterfest. Etwa zeitgleich mit den Ende der Reisernte, danken die Thai der Wassergoettin fuer die Gaben des vergangenen Jahres.

 

 

Auf den Feldern kreisen gedrungene Maehdrescher, bemalt wie bunte Insekten, inmitten kleiner Staubfahnen. Manche Buddhas tragen, zum Beginn der Winterzeit, gewebte Tuecher ueber den Schultern und Ohr betaeubend zwitschern Vogelschwaerme zu Funken letzten Licht.

 

 

Am Rand Europas

 

Rasch im Schlund der Stadt, gestrandet zwischen Inseln fremder Kulturen, Menschen ferner Laender. Menschen, die vielleicht zufrieden mit dem sich eingerichtet haben, die sich mischen mit denen am Rand der griechischen Gesellschaft. Menschen denen man das zum Teil nicht gleich ansieht, die zwei Strassen weiter im Container nach Essen suchen oder an einer Kreuzung betteln. Schaut man laenger in den Strassen Athens, lebt Verfall im Grossen und Kleinen. Zwischen in die Jahre gekommenen Neubauten klemmen alte Haeuser, ihr Charme in Bruch und Rost verflogen. Griechische Wortformen gemischt mit Chinesisch, Hini und Arabisch, Cafe aus Pappbechern, um die Ecke schluerft die Schickeria ihren Latta Macchiato. Manche Ecken wirken fast explosiv. Graffiti, Worte, schwelender Protest.

< Rechtsnationale Parteien mischen sich ein, aber nicht in der bedrohlichen Popularitaet anderer europaeischer Laender> sagt Constantineus, Jounalistikstudent aus Athen, der gerade im Cafe jobt und Zeit fuer ein Gespraech hat. Die Mehrzahl der Griechen stehe hinter ihrer Regierung. Aber die mit den Auflagen verbundenen drastischen Einschnitte bei Renten, der Gesundheitsvorsorge und der fast vervierfachten Mehrwertsteuer, lasten schwer auf vielen Menschen.

Einer, dessen Last seelisch und koerperlich schreit, ist Shabe aus Pakistan. Auf verschlungenen Wegen nach Europa gekommem, will er nur zurueck in die Heimat. Seine Eltern in Lahore sind gestorben, die Geschwister nicht gut versorgt. Ihm zuhoeren, etwas Geld, eine lange schluchtzende Umarmung. Mehr und den Hinweis auf eine NGO, koennem wir ihm nicht geben.

 

 

 

Und dann gibt es Orte, wo Unterstuetzung und Interesse auf festen, guten Boden fallen. Seit anderthalb Jahren ist das CITY PLAZA HOTEL, etwas noerdlich des Zentrum, besetzt. Eine breite Front aus Hilforganisationen, darunter Medico International aus Frankfurt/M. , hilft gut 400 Fluechtlingen einen Ort des Ankommens, der Ruhe, des Friedens, des Alltags zu sichern. Mit Felix, der ein paar Monate hier leben und helfen will, bekomme ich Zutritt.  Vorbei an bunter Reception mit Fotos und Informationen, einen medizinische Behandlungszimmer zu lichtfrohen grossen Raeumen. Kinder spielen, zwei offene Laptops, Gruppengemurmel. Dahinter eine Grosskueche fuer das gemeinsame Essen. Im Cafe verliere ich gegen Syrien und Afghanistan eine Schachpartie, auf dem Tisch Schwarztee und selbst gebackene Kekse. Hier erlebe ich Engagement, Geist, Waerme und Durchhaltevermoegen einer grossen Kommune. Respekt und gegenseitige Hilfe in einem Raum gelebter europaeischer Menschlichkeit.

Athen beruehrt, schrekt, entfuehrt ins Meer wilder Urbanitaet, nimmt dich in die Arme, macht dankbar, laesst dich mit Fragen ohne Antwort und einem Herz das links schlaegt zurueck.

 

 

 

Fuer Informationen : Medico International , Thema Migration.

Fuer Spenden : Medico International

IBAN  2150 0502 0100 0000 1800

BIC    HELADEF 1822

Stichwort : Flucht und Migration

Aller Tage Abschied

 

 

 

Mit drei Loeffel erstem Licht

traegt der Muezzin

die Worte bergauf.

 

 

Im Cafe gegenueber

ein warmes Licht,

ich unter zwei Decken Schlaf.

 

 

Im Grau der Ebene

zeichnet und radiert ein Morgen

die Baeume, der Felder Rand.

 

 

Waesche auf dem Dach,

auf den Stufen

drei Kaesten Brot.

 

 

Warten auf den Bus

neben der grossen Tasche,

die Kinder bleiben hier.

 

 

Die alte Platane

traegt Blaetter aus hundert

und hunderte Jahren Licht.

 

 

Berge wie schwarze Roecke

ducken sich

unter der scharfen Sichel.

 

 

Goldesel und Friede den Huetten

 

 

Zieht man den Blick rasch vorbei, glaubt man die Bucht von Saranda sei unter helle, weisse Segel gesetzt oder hellenische Tempelanlagen liegen leuchtend in der Mittagssonne. Steht man mittendrinn, ist der Himmel ein scharf geschnitten, kantiges etwas, sperren enge Betonfluchten Berge und Waelder aus, heischen Schilder um Aufmerksamkeit, blinzeln Leinwaende von ungebauten Resorts ueber gaehneneden Felsloechern herab. Nach dem Ansturm eines knappen Dutzend Wochen sind die Balkone leergefagt, laeuten blasse Jalousien den Ton einer Geisterstadt.

Nur hier und da kippelt ein Barhocker, zischt ein Espresso, rollt eine Busladung, der am Poolstrand, von der Sonne gekreutzigten Leiber, zum gebuchten Ausflug. Und laengst ist die Hydra weiter gekrochen. Und vielleicht ist es dem nahen, unter UNESCO und Naturschutz stehenden Butrint und seiner Lagunenlandschaft zu verdanken, das vor einigen Jahren eine Regierungaktion mit Polizei und Buldozern, im nahe gelegenen Ksamil, dem wilden bauen die harte Faust zeigte.

Ueber dem eher trostlosen Weg der Uferpromenade liegen nun Haeuser wie flach gedrueckte Huete, wie gestrandete Schiffe im Dickicht des Huegels. Und wie troestlich ist der Weg durch die Ruinen von Butrint, wo imitten des Baumeister Natur, glanzvolle Epochen friedlich und stueckhaft, broeselig vereint.

 

 

 

Anfangs hielten wir es fuer einen Scherz, eine Marotte. Doch dann tauchten sie immer mal wieder auf. Am Gartenzaun, ueber Hauseingaengen, im Giebel von Fassaden. Puppen, eher plueschige Wesen, meist sonnverblichen, manches noch mit Farbe im Kleid oder der nussigen Braeune eines Fell. Dazu gesellen sich die Hoernerschaedel von Ziege oder Schaf. Unser fragen brachte den Namen PAPAVENGO hervor. Wohl der Schutz gegen den boesen Blick, wobei mit der flachen Hand gen Himmel, die Augen auf halbem Weg gehoben, gezeigt wird.

 

 

 

 

Das ist  das Ende. Im letzten Zipfel Albaniens, waermt die Sonne, zieht die Nacht ihr Licht ueber den Schotter der einsamen Bergstrassen. Fruchtbare Streifen breiter Taeler, gekerbt, geschliffener Fels, das Fruehjahrsbett langer Winter, begleiten uns zu steilen Serpentinen.

Wenige Hundert Meter ueber den vereinzelten Daechern von Zminec beginnt Griechenland. Kleine Kapellen markieren die Zugangswege. Menschen orthodoxen Glaubens leben als Minoritaet seit Generationen mit ihren Wurzeln nahe der Heimat. Zwische unscheinbarem Ladencafe und Kirche treffen wir Gregorius. Waehrend im griechischen Fernsehen ein Bericht ueber die Abstimmung in Katalonien laeuft, trinken wir Kaffe und Dosencola, raucht Gregorius seine Schachtel leer, nippen alte Maenner an ihren Rakigleassern. In einem Spalt der blassgelben Gardine rafft der Abend, die Waerme des Tages, zu roten Gipfelfahnen.

Bienen, Kuehe, Schafe und Huehner ernaehren und beschaeftigen Gregorius und seine schlanke Frau Dimitrulla. Ihre Haende sind geformte Kraft eines taeglich, archarischen Lebens. Die Wildschweinjagd passt zu den verschmitzt, verwegenen Bildern eine Gregorius, die im dicken Fotoalbum stecken. Dazu Taufe, Hochzeit, gefangenen Augenblicke des Leben, verloren wirkende Teenager vor einem schmucklosen, grossen, braunen Sofa.

Um das Ehebett, in dem wir schlafen duerfen, ein Schritt zum Schrank, ein Stapel Decken zu Fuessen, Taschenlampen auf dem Fenstersims. Kraehender Morgen, Geraeusche im Daemmerlicht, ein klopfen an der Tuer. Als Kaffe, Honig und Brot vor uns stehen, ist Dimitrulla schon aus dem Haus.

Die letzte Kuehle der Nacht begleitet unser dankbares Gluecklichsein, als wir zwischen Kirche und alter Schule die Raeder zurueck auf den steinigen, wunderbar offenen Weg eines neuen Tages, schieben.

 

 

Schaum der Tage

 

 

 

Flaches Staunen

bewegter Raum

ein auggewalztes Blei,

die Topografie des Windes,

gemeiselt Atem

wirft Ton

auf Teppich steinern Bett,

zu Lippen, perlend Blueten,

eines monden Garten.

 

 

 

Nimmer muede das Meer

und doch erweckt

von Sonnenfalten.

 

Kleiner Hund

nach kalter Nacht

fuerchtet die warme Hand.

 

 

Erwachte Inseln

unter halbgewogen Mond,

ein Schiff zieht vorbei.

Gelegtes Grau und Honigfenster

 

Wo Ohrid auf seine geistlichen Werte baut, hat Girokaster die weltlichen unter graue Schieferdaecher gestellt. Reiche Familien formten im 18 Jhd. ihre Haeser aus einer Mischung von Wehrturm, Palazzo und Tempel zu einem Teil der Balkanarchitektur. Unter den Balkonen, zu Fuessen der Stadt lagen ihre Laendereien im fruchtbaren Land der Drin-Ebene. Familien wie Kadale, Muzina und Fico praegten die Gegend wirtschaftlich und kulturell. Moscheen, Medressen und Kirchen gaben der ethnischen Vielfalt von Albanern, Griechen, Walachen und Roma Heimat und Gemeinschaft. Und auch heute leben Muslime und Christen friedlich und tolerant den gemeinsamen Raum.

 

 

 

Enver Hoxhas Geburtsstadt wurde in den 60 er Jahren zur Museumsstadt erklaert und scheint so, einem rapiden Verfall und dem Kahlschlag von Neubauten entkommen. Auch wenn Kirchen und Moscheen geschliffen und zweckentfremdet, geduckt die Hoxha – Zeit ueberstehen mussten, blieb das Gesamtbild von steil gestuften Haus- und Hoftrassen erhalten. Der Festungsblick streift die Gassen des alten Basar und scheint ueber die lose gelegten, breiten Schieferdaecher, wellengleich, hinab zu fliessen. Strassen werden zu Gassen, zu schottrigen Pfaden zwischen nobler Sanierung und marodem Charme des sich eingerichtet haben. Sitzsteine neben farbigen, halbrunden Toren, frisch gelegter Stein und russige Fassaden, weinueberspannte Hoefe, wildwuchernd behangene Mauern, geflickte Stuetzbalken der weit ueberstehenden Daecher. Glockenmann und Muezzin lausche der Daemmerung, die als Dickicht schmale, steile Gassen faerbt.

 

 

 

Verlassen die Stadt mit einem Minibus ins nahe gelegene Lazarat, um ein Stueck der Gegend zu erkunden. Finden nur mit fragen aus dem verschlungenen Dorf und letztlich begleitet uns der 13 jaehrige Briken ueber sonnentrockenen, welligen Hang zurueck in die Stadt. An einem ausgetrockneten Bach entlang, liegen Gruppen gestapelter alter Reifen. Und das Bild einer von der Polizei entdeckten und nun aufgegebenen Haschischplantage. Am Stadtrand, grossraemig mauerumlaufend, gruenflaechig, das neue Zentrum der Bektashi. Einer moderaten muslimischen Glaubensgemeinschaft, welche dem spirituellen Weg von Suffis und Derwischen folgt. Ein Steinwurf entfernt die aus sichtlicher Not und Armut entstandenen Behausungen mehrerer Roma-Familien. Meist bunt und auf ihre ganz eigene, unvergleichliche Art, gehen die Nachfahren, der wahrscheinlich aus dem indischen Radjhastan stammenden Volksgruppe, ihren Weg des Lebens.