Echsenkopf gleich kriecht die Andamansee in die suedlichen Zipfel der ehemaligen Hauptstadt Myanmars. Ein Geflecht wie erstarrte Blitze liegt als salziger Atem ueber dem Land. Irgenwann hat man festen Boden unter den Fuessen und schaut von Norden gen Yangon. Der Stadt, in welcher auf dem Weg zur Demokratie Geschichte geschrieben wurde. 2007 gingen hier ueber 150 tausend buddh. Moenche gegen wirtschaftliche Misstaende und fuer demokratische Rechte auf die Strasse. Diese, safrane Revolution genannte, Bewegung, welche sich auf weite Teile des Landes ausdehnte, wurde wenig spaeter vom Militaer blutig zerschlagen. Zwischen 1989 und 2010 stand die Politikerin Aung San Suu Kyi, auf Grund ihres politischen Engagements unter Hausarrest und hielt in all diesen Jahten ihren Willen zur Demokratie aufrecht. Heute ist sie Mitglied in Myanmars Parlament und traegt Hoffnungen fuer die anstehenden Probleme des Landes.
Ein Vorortzug, zur Mittagszeit locker gefuellt, leicht schwankend, bringt, aus doerflichem Umfeld, die Stadt naeher. Zwischen den Sitzreihen ist genuegend Platz fuers Gepaeck und durchziehendes Marktvolk. Eier, Obst, Gebaeck, Betelblatt und Wasser. Alles was auf die Hand passt und rasch den Mund fuellt. Nach Monaten des unterwegs sein, fuehren die ersten Bilder dieses Landes, wie an magischer Hand, zu einer neuen Runde, kreisend, bewegten Lebens.
Hier das Blassgold ins Gelb wandernde, mal kraeftig mal dezent aufgetragene Tanaka. Eine aus Baumrinde in Wasser zerriebene Paste, die das Gesicht vor der Sonne schuetzt und der Haut Kuehle verschafft. Was die Haut beiderlei Geschlecht schmueckt, faellt bei den Maennern locker und luftig. Ein bauschiger Knoten vor dem Bauch, haelt den Longyi. Einen Wickelrock mit Karomuster, zarten Faeden, aller Farben Wahl. Im Bund die Boerse, das Handy, der locker eingehaengte Daumen.
Inzwischen hat sich, beim Blick aus dem Fenster, das Flickwerk aus Huetten und festen Gebaeuden bis nah an die Gleise gebaut. Hupen der Lock, Schleichgang, weil Menschen auf den Gleisen. Kurzer Stop in Yangons Central Railway Station. Ein Bau von 1910 und einer Patina, die jedem Versuch einer Renovierung abgeschmettert hat. Noch zwei Stationen und man touchiert die Downtown. Schlaegt in der SchwedagonPagode das religioese Herz der Stadt, ja des ganzen Landes, liegt suedlich der Gleise ein Herz aus Fleisch und Blut. So akurat die Strassen und Gassen zum Ufer des YangunFluss liegen, so bunt das Geflecht aus Voelkern und Religionen. Und kaum eine Beschreibung wird der Fuelle, der Sinne Lust gerecht. Ein nur treiben lassen, ein leuchten asiatischer Essenz.
In die Fassaden aus broeckelnder Kolonialarchitektur, Altneubauten im grauen, blassfarbenen 1950er Jahrestil sind Moscheen, Hindu und Buddhatempel gestellt. Die Sikh, die Christen, die Juden. Kuppeln und goldene Daecher ueber kleinen Balkonen. Trocknendes Waeschebunt, Sonnensegel, Vogelkaefig, Gruen im Topf. Manche Balkone vergittert, manche mit einem langen Strick zum Gehweg. Um den Essenstopf oder die Post hoch zu ziehen.
Auf den Fusswegen tritt zu hautnahen Bildern die Erinnerung. Lahore, Kashgar, Jaipur. Erste Kellen Wasser auf nachtstaubigen Wegen, der Frauen kopflastige Waren, bittende Haende, aechtzende Karren, Glaesser voll suessem Tee. Schimmernde Kruege, der wuerdevolle Kaftan, Wind im glitzern des Sari. Abgase ueber offenen Abflussgraeben, leuchtende Kleider auf altem Pickup, oelverschmierte Haende und frische Blueten im Haar. Haendlerrufe, huschende Ratten, Schalen voll Essen, die wie Blut liegenden Spuckeflecken der Betelkauer. Rikschas, die hier Trishaw heissen, schwungvoll ratternde Naehmaschinen, der Blick eines freundlichen Nickens, das warten hinter Buendeln von Gruenzeug, schimmernden Meerestieren und Fleisches Glanz. Warten auf den Bus. Warten auf den Regen. Schuften und ruhen. Improvisation zwischen Verfall und Glanz. Der Alten Plausch, der Jugend Kraft und Uebermut.