Armenische Fenster

 

 

 

 

Ein Morgen streichelt ueber kalte Daecher,

laest Sonne und Kuckuck ueber

graue Pfuetzen springen.

 

 

 

 

Fruehling am See.

Gras sprengt die Daecher des langen Winters

und Ruine traeumen von gehaemmerten Fahnen

der Ferne.

 

 

 

 

 

Lang gewartet 

unter Berge weisser Schleier Zeit,

den Schleppen ziehend Himmelsgrau.

Jetzt geht die Farbe andern.

 

 

 

 

 

Drei Schritt vor die Tuer,

ein springender Funke

wirft Glut, wie Falkenaugen,

ins verwischte Licht.

 

 

Iran – Zeit auf den Wegen

 

 

 

Dreckig stehen die Raeder in einer offenen Veranda im Hof von Mohebis Mutter. Wasser aus dem Schlauch, ein wilder Garten, Kuehe im Stall, ein Zimmer mit Teppich und Kissen, die Fenster Licht.

Seit uns in den kurdischen Bergen naechtlicher Regen eine Ladung Sand ueber das Zelt gespuckt hat, sind fast zwei Wocher vergangen. Zeit voll ungeplanter Wege, Aufmerksamkeit, Fuersorge, Handybildern, kurz Aks genannt und fast euphorischem Interesse. In Saqqez teilen wir mit Kahwan, Fatima und ihrer grossen Familie ueber Tage Haus und Hof, Essen und gemeinsame Autofahrt in die Berge, den morgentlichen Gang zum Baecker, das gemuetlich machen zum Tee, Sorgen und Hoffnungen, den Djelmon, einen Tanz voll kurdischer Identitaet. Der letzte gemeinsame Gang ueber den verwinkelten Basar ist wie ein Reigen. Vertrauen, Freude, Waerme und Schmerz im Abschied.

 

 

 

 

 

 

 

Am Ortseingang von Marivan steht ein weithin sichtbarer, kampfbereiter Peschmerga aus Bronze, an dem Hunderte LKW ueber den einzigen Grenzuebergang gen Irak pendeln. Viele von ihnen transportieren Rohoel zur Veredelung ins Nachbarland. Aus Protest gegen um sich greifende Armut, grasiernd steigende Preise und den Mangel an Stellen fuer ausgebildete Fachkraefte bleiben seit mehrern Tagen viele Geschaefte und der gesamte Basar geschlossen. Unabhaengige Beobachter sprechen als Gruende das Ausbleiben einer Reform im Finanzsektor und die ungebrochene Macht der korrupten Wirtschaftselite an. Und nicht zu vergessen , das Hindernis USA. Eigenmaechtige Sanktionen und illegale Verbote fuer europaeische Unternehmem verhindern eine Belebung der Handelsbeziehungen und schueren die Unzufriedenheit der iranische Bevoelkerung.

 

 

 

 

 

 

Fuer die letzte Nacht gab uns Akbrzade ein Lager. Der Azerbaijaner lebt, fern der Stadt, seinen Traum von einer grossen Tierfarm. Sein Zuhause, inmitten von Gehegen gehoernter, zotteliger, gefiedertet Fauna, sind ein hingeworfener Schreibtisch mit zwei Flinten darueber. Zwischen Pfauenfedern und einem ausgestopften Fuchs das Bild seines Enkelkindes. Eine kleine Kueche fuer Tee zu Frischkaese, Lavasch und Honig. Bett und Klo, im Fernsehen laeuft ein tuerkischer Kanal. Eine Frau gibt es seit 8 Jahren nicht mehr. Die Menschen in den zwei azerbaijanischen Nordprovinzen des Iran sprecher in erster Linie Tuerkisch und Azeri, Farsi in Schule und Amt.Zum gemeinsamen Abendessen schildert er mit grossen Augen und buehnenreifer Pantomime, wie er den ausgebrochenen Baeren Mischka wieder in sein Gehege bringen konnte. Zum Abschied einer festen Umarmung, wischt sein weicher Rauschebart ueber meine Wange.

 

 

 

Das Land flach, sich naehernde Berge mit grauen Muetzen. Aus Niesel wird Regen und nass wie die Maeuse, werden wir, von der Fernstrasse weg, zum Feiertagsessen in ein Dorf eingeladen. Rachmals Familie besucht seine Mutter und in grosser Runde essen wir leckeres Dizi. Eine traditionelle Suppe aus Kichererbsen, Kartoffeln, Moehren und Hammelfleisch. Nach dem dritten Tee sagen wir “ Mamnun, Koda Hafez “ und kehren dankbar auf die nasse Strasse zurueck.

Das erwartet Hotel in einer der schoensten Buchten des Orumiyeh – Salzsee hat geschlossen, doch ein Wachmann lotst uns mit seinem weissen Peugeot „Pars“ ins nahe Qushchi. Dort telefoniert der Besitzer eines Lebensmittelladens wegen eines Quartier. Wenig spaeter kommt Mohebi ueber die Strasse auf uns zu. Fein geschnittenes Gesicht, Brille, gutes Englisch. Von Beruf Lehrer und mit einer Lizenz zum Touristenfuehrer. Keine Stunde spaeter sind wir mit seiner Frau Leila, Schwester Sohels und Tochter Eisu auf einer azerbaijanischen Hochzeit. Leila und Sohela betreiben fuer Qushchi und Umgebung ein extra Frauentaxi. Fuer die Strophen des Abendliedes verlassen wir den Trubel Richtung See.

 

 

 

 

Hier broeckeln riesige Felsbaender, aus langen gruenen Taelern fliessend, in den milchigen Spiegel impressionistischer Gefilde. Gleich kalbenden Gletschern ragen steile, hohe Felsstuempfe aus trockenem, salzig gespenkeltem Sand. Der See , vom Ufer aus ins Grau variierend, mischt aus der Hoehe Nuancen von Gruen und Gelb hinzu, poliert gefaecherte Spiegel unter bruechiges Gestein. Sacht ansteigende Fruehlingswiesen wogen in zartem Karmin und Zitron. Die ueber erdig, braunen Daechern schwimmende goldene Kuppel einer Moschee, ist wie ein vom Himmel gefallener Hundertwasser – Gruss. Ferne Gipfel tragen Schnee, als ob sich Tore in die Heimat noch oeffnen werden.

 

 

Augen fuer Esfahan

 

 

Das Auge ist ein Teppich, ueber den die Traeume  Landschaft  giessen

  das Auge ist ein Wind, der Sonnelegt in die Stimme der Saenger

  das Auge ist ein Schleier, eine Wolke ueber schwarzem Haar

das Auge ist eine Kuppel, von Himmelsfaeden poliert

 

 

das Auge ist ein schwerer Karren, davor die muehsam feuchte Stirn

das Auge ist ein Halbdunkel, ein schlafendes Wesen im Bauch der Stadt

 

 

das Auge ist eine junge Stirn, unter der ein Sturm des Ungehorsam

das Auge ist ein warten, ein fallender Ton auf der Tasbih*

 

 

das Auge ist ein trauriger Koffer, drin ein Tschador und Nelken Rot

das Auge ist ein Zirkel, kreisend in Farben unendlich Geschling

das Auge ist ein trockener Fluss, in dem Voelker und Geschichten ankern

das Auge ist ein Turm, der betet zu den Fahnen der Nacht.

 

 

* Tasbih : Gebetskette

 

Tehran

 

 

 

Getragene Worte schweben in krumme Gassen,

suchen das blinzeln schwarzer Baerte,

nehmen den Tschador aus schlafenden Fenstern,

wecken die Flammen einer

Tausend

Brote

Stadt.

 

Streifzug des Glaubens

Die Hauptstadt des Shanstaates liegt auf einer breiten Felsstufe. Morgensonne erhellt Pagoden und Kloester auf den Bergen ueber TaungGy. Nach Westen faellt das land steil ab und die Stadt nimmt Anlauf um in der Ebene zu expandieren. Die in den Medien aufgefuehrten gewaltsamen, meist religioesen Konflikte der letzten Jahre sollen nicht darueber hinweg taeuschen, das die Gegebenheiten in den Staaten Myanmars ueberwiegend von friedvollem Miteinander gepraegt sind. Die erlebte Situation in Kalaw, Yangon, Pyay und Loikaw steht stellvertretend fuer tolerantes religioeses Leben.

In TaungGy liegen die Bilder des Glaubens besonders dicht beieinander. Folgt man der von Geschaeften und abzweigenden Maerkten gepraegten Bogyoke Aung San Rd.und schaut nach Minarett und Kuppel ueber den Daechern, laeuft man leicht am langgestreckten Haus der Sikhgemeinde vorbei. Aber die Abendsonne kitzelt die goldene Schrift ueber dem breiten Eingang hervor und nach dem Eintritt nicken wir in freundliche Gesichter.

Wir treffen die 16 jaehrige Laifa, die erzaehlt, das ueber drei Tage ihrer verstorbeben Tante gedacht wird. Im mit Teppich ausgelegten Raum der Gottesdienste, hoeren wir stimmungvoll eindringliche Musik und Worte aus dem heiligen Buch der, weltoffenen und toleranten, Sikhs. Zum Essen eingeladen, trifft sich der Charme einer Kantine mit Schoenheit, der Ehrwuerdigkeit einer indischen Diaspora.

Um die Ecke geht es an halb aufgeschnittenen Teerfaessern vorbei. Leer sind sie als Strassenbegrenzung, im Fundamentbau und als Mauer zu sehen. In den Farben frisch aufgetragenen Splitt, greifen die Tuerme einer Baptistenkirche in den Himmel. Diese protestantische Glaubensgemeinschaft hat in vielen Teilen Asiens Fuss gefasst und zeigt Grundsteine der Glaeubigentaufe und einer uneingeschraenkten Glaubensfreiheit. Die Glaeubigen legen sich kleine Schleier auf das Haupt, dem wir bei den Sikh mit gebundenen Tuechern folgten. Warum alle heiligen Figuren, der raumgreifenden Kirche, mit einem violetten Tuch verhangen waren, bleibt ein Raetsel.

Wieder auf der Strasse entdeckt man den Halbmond der Muslime. Die hier anzutreffende Architektur flankiert nur den Eingang mit zwei Tuermen, setzt an die Stelle des Minarett, einen rechteckigen Turm mit Kuppel. Zur Nacht erscheint er, mit roten und gruenen Lichtern besetzt, wie eine schwebende Tiefseetauchglocke. Zum Lapey, einem Milchtee mit Boden ueppiger Kondensmilch, treffen wir Hamil. Nach woher und wohin schwaermt er von seiner Zeit als Seeman im alten Yangon.

Ein paar Meter vor dem bogenueberspannten Eingang zur Schiitischen Moschee duckt sich ein HinduTempel zwischen Ladenhaeuser. Was von aussen schlicht, wird im inneren mit farbpraechtigen Goettern, einer inspirierenden Phantasie, einem Feuerwerk der Mythologie gefeiert. IN einem Becken gluehen Reste eines Holzfeuers, drumherum verstreut liegende Reiskoerner, ein fettglaenzendes Tablett, halbleere Teeschalen, Kleine Gestecke mit
Fruechten,Blumen,Wimpel. Weihrauchschwangeres Stilleben einer aufgeloesten Feier. Der Tempelwaechter traeumt, bequem liegend, von einem Haus in den Bergen.

Es ist spaet geworden als die Tore des Tempel der Nat-Geister geschlossen werden. Diese uebernatuerlichen Wesen werden im Volksglaube Myanmars hoch verehrt und sind in Geister des Waldes, des Wasser, der Luft usw. eingeteilt. Ueber den Tag gut mit Gebeten, Zigaretten, Getraenken, Obst und Geld versorgt, werden sie die Nacht,die mit zarter Sichel ueber dunkle Felder geht, gluecklich leben koennen.

Mrauk U

Dunkle Kreaturen
erschaffen an Ufern grosser Landschaft
von machtvoller reiche Art
in denen ein Herz schlaegt
die fluechtigen Gesichter
die steinernen Haende
sie schlagen den Takt der Jahrhunderte
im Kreis der Buddhas
im Augenweit Gestirne Wurf
nun ruhend in Andacht
ihres Erdenkuss.
Und unter Naechte offen, rauschend Himmels
wo die Huetten gleichen Schiffchen
traeumt ein Kind, vom Kind
von Sternen Schellen
und einem blauen Pferd.

Bruechiger Friede

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Rotstichig flimmern die Bilder des Pagoden-TV-Kanl ueber den Bildschirm und zum Lautsprechergesang eines Moench fuellen sich die dunkelblau gesteppten Sitze der Faehre nach Sittwe. Am Ufer schluepft der neue Tag aus den taufeuchten Haenden der Nacht. Zoegerlich leckt die aufziehende Sonne am Spiel der Wellen. Nutzt Wolkenspalten, um gluehende Gerinsel auf die, wie gehaemmert, liegende See zu werfen. Bis sich der Himmel zur Vermaehlung mit den Farben des Wassers entschliesst. Schrill mahnt das Nebelhorn den Weg. An langgestreckten Inseln brechen sich erste Wellen, ist die Muendung grosser Fluesse der Zugang ins flach gestreckte Landesinnere.

Am Weg durch ein verwirrendes Delta liegen kleine Doerfer inmitten gruener Mauern. Die Hauptstedt des Rakhine Staates liegt an der Westkueste Myanmars, sitzt auf einer Halbinsel und hat das Meer im Ruecken. Was Hafen von Sittwe genannt, liegt als breiter grauschwarzer Sandstreifen hinter dem Marktviertel. Ein paar gemauerte Brandungssteine und nur eine der zwei Seebruecken dient etwas groesseren Schiffen zum loeschen ihrer Fracht. Alles andere ist dem Buch der abenteuerlichen Seefahrt entsprungen. Fischerboote, Lastkaehne, kleine Faehren nach irgendwo. Schwarze Planken, buntes Heck, Ruderblatt und laut rumorende Dieselkraft.

Im Jahr 2012 kam es hier zu gewaltsamen Ausschreitungen von Buddhisten gegen die hier lebende Volksgruppe der Rohingya. Ausloeser war ein Angriff auf Buddhisten im muslimisch dominierten Bangladesch. Die Rohingya, eine Minderheit von sunnitischen Muslimen lebt seit ca. 900 Jahren im Westen Myanmars. Seit der Unabhaengigkeit von 1948 sind die Rohingya von staatlicher Repression betroffen. Und auch die demokratisch gewaehlte Regierung von 2010 verweigert ihnen staatsbuergerliche Rechte. Seit es Mitte 2017 zu einem Angriff von Rohingya-Rebellen gegen eine Polizeistation kam, geht das Militaer mit aeusserster Brutalitaet gegen das Volk der Rohingyas vor. Erschiessung, Vergewaltigung, verwuestete Doerfer. Den gut 900 Tausend Rohingyas, welche in Fluechtlingscamps hinter der Grenze zu Bangladesch ein bedrueckendes Leben fuehren, ist die Hoffnung auf eine friedliche Ruekkehr geraubt. Heute liegt die marode Schoenheit der 300 Jahre alten JamaMoschee hinter mit Stacheldraht gesaeumten Mauern, verweigert der Polizeiposten den Zugeng durchs halboffene Tor aus gruenem Blech.

Auch in Mandlay und anderen Staedten der burmesischen Tiefebene gab es gewaltsame Zusammenstoesse zwischen Buddhisten und Muslimen. Unabhaengige Beobachter sprechen von Extremisten auf beiden Seiten. In Meiktila, einer mittleren Grossstadt vor dem Shan Staat, der von den Ausschreitungen verschont blieb, sind zwei grosse Moscheeen verschlossen und offensichtlich dem Verfall Preis gegeben. Hier kam es Anfang 2013 zu schweren Ausschreitungen mit Dutzenden Toten und der Vertreibung von ueber 12 000 Menschen aus ihren Haeusern. Der zwei Tage spaeter verhaengte Ausnahmezustand beruhigte die Lage nur langsam.

Die Muslime mit denen wir sprechen sind einerseits froh ueber den zurueck gekehrten Frieden, anderseits sehr davon betruebt, ihren oeffentlichen Raum verloren zu sehen, den Glauben ins private zurueck ziehen zu muessen.

Goldene Spitzen traegt das Karussel

Echsenkopf gleich kriecht die Andamansee in die suedlichen Zipfel der ehemaligen Hauptstadt Myanmars. Ein Geflecht wie erstarrte Blitze liegt als salziger Atem ueber dem Land. Irgenwann hat man festen Boden unter den Fuessen und schaut von Norden gen Yangon. Der Stadt, in welcher auf dem Weg zur Demokratie Geschichte geschrieben wurde. 2007 gingen hier ueber 150 tausend buddh. Moenche gegen wirtschaftliche Misstaende und fuer demokratische Rechte auf die Strasse. Diese, safrane Revolution genannte, Bewegung, welche sich auf weite Teile des Landes ausdehnte, wurde wenig spaeter vom Militaer blutig zerschlagen. Zwischen 1989 und 2010 stand die Politikerin Aung San Suu Kyi, auf Grund ihres politischen Engagements unter Hausarrest und hielt in all diesen Jahten ihren Willen zur Demokratie aufrecht. Heute ist sie Mitglied in Myanmars Parlament und traegt Hoffnungen fuer die anstehenden Probleme des Landes.

Ein Vorortzug, zur Mittagszeit locker gefuellt, leicht schwankend, bringt, aus doerflichem Umfeld, die Stadt naeher. Zwischen den Sitzreihen ist genuegend Platz fuers Gepaeck und durchziehendes Marktvolk. Eier, Obst, Gebaeck, Betelblatt und Wasser. Alles was auf die Hand passt und rasch den Mund fuellt. Nach Monaten des unterwegs sein, fuehren die ersten Bilder dieses Landes, wie an magischer Hand, zu einer neuen Runde, kreisend, bewegten Lebens.

Hier das Blassgold ins Gelb wandernde, mal kraeftig mal dezent aufgetragene Tanaka. Eine aus Baumrinde in Wasser zerriebene Paste, die das Gesicht vor der Sonne schuetzt und der Haut Kuehle verschafft. Was die Haut beiderlei Geschlecht schmueckt, faellt bei den Maennern locker und luftig. Ein bauschiger Knoten vor dem Bauch, haelt den Longyi. Einen Wickelrock mit Karomuster, zarten Faeden, aller Farben Wahl. Im Bund die Boerse, das Handy, der locker eingehaengte Daumen.

Inzwischen hat sich, beim Blick aus dem Fenster, das Flickwerk aus Huetten und festen Gebaeuden bis nah an die Gleise gebaut. Hupen der Lock, Schleichgang, weil Menschen auf den Gleisen. Kurzer Stop in Yangons Central Railway Station. Ein Bau von 1910 und einer Patina, die jedem Versuch einer Renovierung abgeschmettert hat. Noch zwei Stationen und man touchiert die Downtown. Schlaegt in der SchwedagonPagode das religioese Herz der Stadt, ja des ganzen Landes, liegt suedlich der Gleise ein Herz aus Fleisch und Blut. So akurat die Strassen und Gassen zum Ufer des YangunFluss liegen, so bunt das Geflecht aus Voelkern und Religionen. Und kaum eine Beschreibung wird der Fuelle, der Sinne Lust gerecht. Ein nur treiben lassen, ein leuchten asiatischer Essenz.

In die Fassaden aus broeckelnder Kolonialarchitektur, Altneubauten im grauen, blassfarbenen 1950er Jahrestil sind Moscheen, Hindu und Buddhatempel gestellt. Die Sikh, die Christen, die Juden. Kuppeln und goldene Daecher ueber kleinen Balkonen. Trocknendes Waeschebunt, Sonnensegel, Vogelkaefig, Gruen im Topf. Manche Balkone vergittert, manche mit einem langen Strick zum Gehweg. Um den Essenstopf oder die Post hoch zu ziehen.

Auf den Fusswegen tritt zu hautnahen Bildern die Erinnerung. Lahore, Kashgar, Jaipur. Erste Kellen Wasser auf nachtstaubigen Wegen, der Frauen kopflastige Waren, bittende Haende, aechtzende Karren, Glaesser voll suessem Tee. Schimmernde Kruege, der wuerdevolle Kaftan, Wind im glitzern des Sari. Abgase ueber offenen Abflussgraeben, leuchtende Kleider auf altem Pickup, oelverschmierte Haende und frische Blueten im Haar. Haendlerrufe, huschende Ratten, Schalen voll Essen, die wie Blut liegenden Spuckeflecken der Betelkauer. Rikschas, die hier Trishaw heissen, schwungvoll ratternde Naehmaschinen, der Blick eines freundlichen Nickens, das warten hinter Buendeln von Gruenzeug, schimmernden Meerestieren und Fleisches Glanz. Warten auf den Bus. Warten auf den Regen. Schuften und ruhen. Improvisation zwischen Verfall und Glanz. Der Alten Plausch, der Jugend Kraft und Uebermut.

MAKHA BUSA – fluestern und schreien

 

Die gestern noch zementgrauen, sitzenden Buddhas sind heute ein Goldgelb und Schwarzglaenzend. Sie stehen auf einer Mauer, hinter dem das Ufer des Loei-Fluss steil abfaellt und schauen auf eine provisorisch ueberdachte Ansammlung heiliger Figuren. Ganesha, Shiva, Buddha, variable Groessen, liegend, stehend, sitzend, feingeschnittene Gesichtszuege, leichter Faltenwurf, heilige Farben. Mal leuchtend, mal wetterblass.

 

 

Inmitten dieser Aura unerschoepflicher Symbole und spiritueller Kraft lebt der Moench Bompa. Zufrieden, Mittellos und samt einem Laecheln, dass rotbraune Zahnstuempfe, durch taeglichen Betelgenuss, entbloest. Und zum Moenchsein tritt eine schamanische Gestalt, wie wir beim abendlichen Ritual mit dem Roti-Verkaeufer Dorin glauben zu erleben.

 

 

Zu Gesang und Worten Bompas scheint sein schmaler, mit duennem Umhang begleiteter Koerper, zu wilden Zuckungen, spitzen Schreien und Armschwuengen, mit inneren Kraeften zu ringen. In Faszination vertieft, steigt in unserem Ruecken der volle Mond ueber Makha Busa auf. Das Makha Busa Fest wird von den Theravada-Buddhisten begangen und soll an eine spontane Versammlung von ueber 1200 Schuelern des Buddha erinnern, die zusammen gekommen waren um dem Buddha zu predigen. Dieser Tag faellt immer auf den Vollmondtag des dritten Mondmonats, doch meist wird auch am darauf folgenden Vollmond dieses Tages gedacht.

 

 

Inzwischen ist Saburi mit ihrem Mann und den Kindern gekommen. Sie wohnen unweit und leben mit Bompa eine Art familiaerer Beziehung. Saburi ist schlank, fast zierlich zu nennen, von lieb sorgendem Wesen und wenn sie lacht verschwindet es hinter ihrer Hand. Dabei leuchten ihre Augen. Sie hat selbst gestaltete Gestecke aus kunstvoll gefalteten Bananenblaettern und Blumen mitgebracht und moechte mit uns zum Tempel gehen. Wenig spaeter tauchen die Lichter eines alten Toyota aus der Wiese neben ihrem Haus auf und wir queren die unbeleuchtete Bruecke zum anderen Ufer. Rumpeln durch eine schmale Toreinfahrt und halten im, von einer offenen Halle beschienenen, Hof. Ein paar Moenche mit lockerer Ansprache, zwei Handvoll Glaeubige auf Bambusmatten. Alt und Jung seitlich knieend, Kinder laufen umher. Auch wir knien nieder, rutschen bis zu den aufsteigenden Stufen Buddhas und legen unsere Gaben zu den der anderen. Saburis kleiner Sohn ist muede und so bleiben wir nur fuer eine kurze Weile. Als wir in die, draussen abgelegten, Schuhe schluepfen, beginnt ein Moench, einen weissen, an Buddhas Hand geknuepften Faden, durch den Raum zu spannen. Auf der Rueckfahrt durch schmale Strassen treten die Bilder des Makha Busa im laotische Champassak hervor.

 

 

Ein Bergtempel. Wie steinerner Teppich in die Ebene des Mekong gerollt. Dazu Tausende Menschen, die seit drei Tagen zwischen geschaeftigen Gassen, ohrbetaeubendem Marktgeschrei und rauchschwangeren Altaren pendeln. Ein Ort des hautnah Schauen, unmittelbar Erleben und der Grenze des Ertraeglichen. Auf dem naechtlichen Rueckweg schluckt der Staub die Lichter, schlaengeln wir uns durch den nicht enden wollenden Stau von motorisierten, weg und hinzu stroemenden Menschen. Der Mond spreizt sein Licht auf duenne, langsam ziehende Wolken.

 

Offene Worte

 

 

 

 

Letzte Kuehle

unter Schwalbenhimmel,

ein Drache steigt auf.

 

 

Wellengleich

der Rhythmus von Zeit

und die Karawane zieht weiter.

 

 

Zwischen den Figuren am Fluss

lauscht der Tag,

im weissen Gewande,

der Leere Klang.