Lichter huschen. Zwei Hunde spitzen die Ohren. Buendel von Raeucherwerk stecken im Bug der Boote, die Fischer mit der Kraft ihrer Schultern, in vielen Drehungen, an den Rand der schaeumenden Zungen bringen. Der Wolkenpass liegt wie eine Fatamorgana, vor den erwachenden Lagern eines neuen Morgen. Vor uns hunderte Kilometer salzig umspuelte Welten, im Ruecken ein Streifen Haeuser zwischen waessrigen Feldern. Junger, leuchtender Reis, steil gelegte Gemuesebeete, gescheckt vom weissen Sand. Dann das Labyrinth der Reusen und Augenweide ueber die Chun Mon Lagune.
Oestlich von HUE liegen, mit Bruecken verbundene, Inseln, auf denen wir unmittelbare Bilder des spirituellen Lebens in Vietnam entdecken. Glaubten wir, aus der Mischung von gesehenem, gelesenem und erzaehltem etwas Einblick ins religioese Spektrum zu erhalten, erleben wir nun gelebte Naehe zwischen Lebenden und Toten.
Ban Tho heisst das Ritual, das zu Anfang und Monatsmitte, nach dem Mondkalender, neue Opfergaben auf den Ahnenaltar stellt. Da finden sich Blumen, Fruechte und Raeucherwerk. Auch mal ein Schnaps, Zigaretten, ein mit Strohhalm angestochner Fruchtsaft. Und das Geistergeld, das wie richtiges Geld erscheint und spaeter verbrannt wird. Die Ahnen bleiben schlicht Teil der Familie, wo im Gespraech um Beistand und Hilfe fuer Sorgen, Noete und Neuigkeiten gebeten wird. Ahnenkult ist allgegenwaertig und zieht sich durch alle Schichten der Gesellschaft. Auch grosse Religionen wie das Christentum oder zeitweilige Verbote durch Machthaber konnten sich nicht gegen ihn durchsetzen.
Die kleinen Lampen der Geisterhaeuser liegen wie fette Gluehwuermchen in den braunfeuchten Gassen der schmalen Phu Dong Insel im Hue-Fluss. Auf dem Rueckweg geraten wir zwischen Fussball fiebernde Kneipen und jubeln, mit dem Cyclofahrer Lihn und seinen Freunden, einem Sieg der Vietnamesischen Elf im Asien Cup entgegen.
Morgens darauf drueckt der Himmel graue Kissen ueber die alte Kaiserstadt HUE, wird unter dem milden Laecheln Ho Chi Mings ein entwurzelter Baum ueber die Strasse gezogen, nehmen dick schlammige Felder die Saat kommender Reisernten, dankbar entgegen.