Fremde Leben

 

Am Ufer des von den Laoten Menan Khong genannten Mekongfluss begegnet das nun gewohnte Bild von Maerkten, Menschen, Haeusern und weitem Gruen. Und der Eindruck, das alles einfacher lebt. Improvisiert, staubiger, verblichen. Leben auf Verschleiss, Leben pur, manchmal bitter und verletzlich.

Im UNO Entwicklungsbericht zaehlt Laos zu den aermsten Laendern und blaettert, wenn auch nicht immer sichtbar, Schattenseiten ueber der Gesellschaft auf. Politisch an den Zuegeln der Laot. Revolut. Volkspartei, zeigen auch neue Kader keine Abkehr von einer Alleinherrschaft. Nach einer fehlgeschlagenen Kollektivierungswelle, folgte der Uebergang von einer Plan- zur Marktwirtschaft. Heute schreibt das Land eine positive wirtschaftliche Entwicklung, ist aber stark von auslaendischer Entwicklungshilfe abhaengig. Zwischen grossen und maechtigen Nachbarlaendern gelegen, liegen die Probleme nicht nur in schlechter Infrastrucktur, Bildung und Gesundheit, sondern auch in Abhaengigkeiten und dem  Ausverkauf von Resoursen.

 

 

Die mit dem Panasiatischen Highway 3 geschaffene kuerzeste Verbindung zw. Thailand und China wird unser Weg gen Norden. Meist in der Naehe kleiner Fluesse reihen sich Bambus und Holzhuetten zu beiden Seiten der Strasse. Am Rand der Doerfer liegen Reisterassen mit gut handlangen, zarten Pflanzen, die aus gestampften Kanaelen, mit Wasser gespeisst werden. Die letzte Ernte trocknet, neben feurigem Chilirot, auf Planen vor den Haeusern. Frauen sitzen auf kleinen Hockern, mit schmalen, langen, farbig auslaufenden Roecken. Manche mit gelegtem, bunte, Kopftuch. Kleine Saecke Holzkohle zum Verkauf, eng gestapeltes, meist duennes Feuerholz unter den Balken der Pfalbauten oder locker gelegte Pyramieden zum trocknen. Manchmal ein kleiner Laden mit Dingen des Alltags, etwas Suessem, etwas Luxus. Gespaltener Bambus, nun biegsam und in der Sonne bleichend oder mit scharfer Klinge geschnittene, duenne Streben zum flechten von Koerben und Matten. Geschirr und Waesche unter blau aufragenden Wasserrohren. Spaeter bunte Leinen, Zaeune, Daecher, aufgehaengte Toepfe, Besen um verloschene Feuerstellen.

 

 

 

Die Spanne zwischen den Doerfern waechst. Ab und an ein Truckkonvoi, auf der zunehmend bergig werdenden Strecke. In Namthoung versuchen wir unser Glueck auf einen Schlafplatz. Proben das behutsame Ankommen, das mit der rasch wachsenden Kinderschar, sich zum Mittelpunkt entwickelt. In einem der Laedem verstaendigen wir uns mit abgelesen Woertern und werden ins Areal der Schule geschickt. Neben einem blauweissen Flachbau, welcher als Kranken und Gesundheitsstation fuer eine Vielzahl von Doerfern dient, treffen wir eine kleine Gruppe Frauen und Maenner beim essen. Eine Krankenschwester spricht etwas Englisch und bietet die nahe Wiese fuer das Zelt an. Die Hocktoiletten sind gross genug, um den Staub des Tages, aus einem Wasserbecken, abzuwaschen. Um die Ecke eine Art Freiluftkueche mit russschwarzem, noch koechelndem Suppentopf. Frueh noch mild, wird sie ueber den Tag immer schaerfer und ueber einer Hand Nudeln serviert. Als sich die Schaerfe, waehrend einer Dorfrunde, langsam verfluechtigt, werden wir von einer Maennerrunde zu Reis, Gemuese und einer rotbraunen, natuerlich scharfen, Paste, an kleine geflochtene Tische geladen. Dazu Lao-Lao, einen selbst gebrannten Reisschnaps.

 

 

Kaufen noch vier Eier fuers Fruehstueck und wollen im Schein der Lampe das Zelt aufbauen. Da erscheint ein Mann und zeigt uns einen Raum mit Krankenbett fuer die Nacht. Legen ueber das fleckige Laken unsere Matten und knuepfen das Moskitonetz an den Infusionsstaender. Rasch breitet sich das Glueck ueber den Schlafsaecken aus…wir sind satt, haben ein Dach, Licht, Tisch, Stuhl, eine Toilette und freundliche Menschen in der Fremde.

 

 

Frueh klettern die ersten Kinder uebers Fenster ins Klassenzimmer und fluten die Raeume mit frischem Licht. Dahinter steigen letzte Nebel aus Wipfeln und Taelern, die sonnzerissen, wie fluechtiges Glueck, den Puls des Lebens tragen