oder die Enkel von Karl und Luis
Seit Tage weben die Geister an den Nebeltuechern, die feucht und fast unbewegt in den Gassen haengen. Citlalicue schlendert zur morgenrunzligen Daemmerstunde ueber die Avenida Teodoro Platas, deren helle Wegeplatten von dunklem Moos gerahmt sind. Aus einem Hoftor heraus folgen ihm ein paar Huehner, fuer die sei, kaum von der Seite weichender Hund nemens Andalus, kein Interesse zeigt. Nur die Geier in den Montezuma-Zypressen werfen scheue Blicke auf die kleine Prozession. Eine rotbraun gestreifte Wollmuetze bedeckt das oelig glaenzende Haar und in Citlalicues Kopf spukt einer dieser Vulkane mit Ameisenschwaermen wie Lava, unter einem von Wolken geschnittenen Mond.
Vor ein paar Tagen waren einer Kuh Fluegel gewachsen und rasch hatten der Himmel und die nahen Berge sie zu sich gerufen. Auch heute morgen bot sich dieses Bild und seine Kraft als Heiler war nun dringlich, ja ganz auf die Loesung dieses Problemes geheftet.
Sein Blick streif die die abgewetzten Tische vor Luis Bar und bleibt an einem stehen gebliebenen, halbvollen, die ersten Sonnenfruechte fangenden Glasses haengen. Ploetzlich ist er wieder im Zimmer seiner Kindheit. In einem weiss gemauerten Haus mit kleiner, von Licht durch brochenen Mauer umgebenden Terasse. Deren Blick einer staubigen, andalusischen Strasse folgt. An der immergruene Baeume wie Spielsteine stehend warten. Und den huegeligen Laken hellen Umbras Leben einfluestern. Hinter einer verschlossenen Tuer, weil seine Mutter wegen der mittaglichen Hitze Angst um seine Gesundheit hatte. Die Flecken eines von Sonne durch brochenen Wasserglasses wanderten ueber die lehmfarbene Wand. Anfangs hielt er die damit entstehenden Toene fuer eine Taeuschung aber schon bald konnte er ihnen in einer ihm eigenen Sprache folgen.
Zum Ende des Sommers kamen drei fremde Maenner in dunkelrot gefaerbten, hoch geknoepften, Maenteln in ihr Haus. Sie fuehrten nur eine zusammen gerollte Decke und ein in weisses Leinen geschlagenes Buch mit sich. Dieses gaben sie Citlalicue und auch wenn die Schrift ihm fremd erschien, konnte er darin lesen. Konnte in seinen Gedanken eine kleine Pyramide des Wissens aufbauen. Die Maenner schliefen eine Nacht mit im Haus und am Morgen verabschiedete er sich traurigen Herzens von seiner Mutter um den Gesandten in ein neues Leben zu folgen. In das ihn, wohlwollend begleitet, ein langer Weg und ein grosses Wasser bringen sollten.
Andalus, der wegen einer vor ihnen den Weg kreuzenden Puffnatter kurz inne haelt, holt ihn aus seinem Tagtraum zurueck. Nun, er ist unterwegs zu Angelita, die mit einem schwefelgelben Lama und ihrem Harmonium ueber dem Fluss wohnt. Er wird ihr einen Kuss auf die Stirn geben, Tee kochen und die Sache mit den fliegenden Kuehen erzaehlen. Vielleicht hat sie noch einen guten Rat fuer ihn.