Streifzug des Glaubens

Die Hauptstadt des Shanstaates liegt auf einer breiten Felsstufe. Morgensonne erhellt Pagoden und Kloester auf den Bergen ueber TaungGy. Nach Westen faellt das land steil ab und die Stadt nimmt Anlauf um in der Ebene zu expandieren. Die in den Medien aufgefuehrten gewaltsamen, meist religioesen Konflikte der letzten Jahre sollen nicht darueber hinweg taeuschen, das die Gegebenheiten in den Staaten Myanmars ueberwiegend von friedvollem Miteinander gepraegt sind. Die erlebte Situation in Kalaw, Yangon, Pyay und Loikaw steht stellvertretend fuer tolerantes religioeses Leben.

In TaungGy liegen die Bilder des Glaubens besonders dicht beieinander. Folgt man der von Geschaeften und abzweigenden Maerkten gepraegten Bogyoke Aung San Rd.und schaut nach Minarett und Kuppel ueber den Daechern, laeuft man leicht am langgestreckten Haus der Sikhgemeinde vorbei. Aber die Abendsonne kitzelt die goldene Schrift ueber dem breiten Eingang hervor und nach dem Eintritt nicken wir in freundliche Gesichter.

Wir treffen die 16 jaehrige Laifa, die erzaehlt, das ueber drei Tage ihrer verstorbeben Tante gedacht wird. Im mit Teppich ausgelegten Raum der Gottesdienste, hoeren wir stimmungvoll eindringliche Musik und Worte aus dem heiligen Buch der, weltoffenen und toleranten, Sikhs. Zum Essen eingeladen, trifft sich der Charme einer Kantine mit Schoenheit, der Ehrwuerdigkeit einer indischen Diaspora.

Um die Ecke geht es an halb aufgeschnittenen Teerfaessern vorbei. Leer sind sie als Strassenbegrenzung, im Fundamentbau und als Mauer zu sehen. In den Farben frisch aufgetragenen Splitt, greifen die Tuerme einer Baptistenkirche in den Himmel. Diese protestantische Glaubensgemeinschaft hat in vielen Teilen Asiens Fuss gefasst und zeigt Grundsteine der Glaeubigentaufe und einer uneingeschraenkten Glaubensfreiheit. Die Glaeubigen legen sich kleine Schleier auf das Haupt, dem wir bei den Sikh mit gebundenen Tuechern folgten. Warum alle heiligen Figuren, der raumgreifenden Kirche, mit einem violetten Tuch verhangen waren, bleibt ein Raetsel.

Wieder auf der Strasse entdeckt man den Halbmond der Muslime. Die hier anzutreffende Architektur flankiert nur den Eingang mit zwei Tuermen, setzt an die Stelle des Minarett, einen rechteckigen Turm mit Kuppel. Zur Nacht erscheint er, mit roten und gruenen Lichtern besetzt, wie eine schwebende Tiefseetauchglocke. Zum Lapey, einem Milchtee mit Boden ueppiger Kondensmilch, treffen wir Hamil. Nach woher und wohin schwaermt er von seiner Zeit als Seeman im alten Yangon.

Ein paar Meter vor dem bogenueberspannten Eingang zur Schiitischen Moschee duckt sich ein HinduTempel zwischen Ladenhaeuser. Was von aussen schlicht, wird im inneren mit farbpraechtigen Goettern, einer inspirierenden Phantasie, einem Feuerwerk der Mythologie gefeiert. IN einem Becken gluehen Reste eines Holzfeuers, drumherum verstreut liegende Reiskoerner, ein fettglaenzendes Tablett, halbleere Teeschalen, Kleine Gestecke mit
Fruechten,Blumen,Wimpel. Weihrauchschwangeres Stilleben einer aufgeloesten Feier. Der Tempelwaechter traeumt, bequem liegend, von einem Haus in den Bergen.

Es ist spaet geworden als die Tore des Tempel der Nat-Geister geschlossen werden. Diese uebernatuerlichen Wesen werden im Volksglaube Myanmars hoch verehrt und sind in Geister des Waldes, des Wasser, der Luft usw. eingeteilt. Ueber den Tag gut mit Gebeten, Zigaretten, Getraenken, Obst und Geld versorgt, werden sie die Nacht,die mit zarter Sichel ueber dunkle Felder geht, gluecklich leben koennen.